Selbstlob im Sozialressort – CDU sauer

■ Asylunterkünfte: 93 Prozent Belegungsquote / Stille Reserve kostet Viertelmillion pro Monat

„Besser können wir nicht sein.“ Erhard Heintze vom Sozialressort kommt nicht umhin, seine MitarbeiterInnen und nicht zuletzt sich selbst heftig zu loben. Der Grund: Das Haus Gaertner konnte gestern eine geradezu traumhafte Belegungsquote von 93 Prozent bei den Unterbringungen von Asylbewerbern bekanntgeben. Mehr als 800 Plätze in schlechten und teuren Hotels und Pensionen konnten aufgegeben, besonders belastete Stadtteile konnten entlastet werden. Das Sozialressort vermeldet Entwarnung, Friede, Freude, Eierkuchen. Doch während das Ressort Erfolgsmeldungen verbreitete, kochte es zum selben Thema aus der CDU-Zentrale. „Da werde ich stinksauer“, ärgerte sich die CDU-Sozialexpertin Roswitha Erlenwein. Ihre Gegenrechnung: Das Ressort hält völlig unnötig rund 500 unbesetzte Plätze vor. Und diese Vorratshaltung kostet Bremen pro Monat eine Viertelmillion Mark. Erlenwein: „Das Geld könnte wirklich besser angelegt werden.“

Morgen debattiert die Bürgerschaft über das Unterbringungsthema, das trotz des Ärgers der CDU im Vergleich zu den Vorjahren kaum noch eines ist. Im vorletzten Jahr hatten sich die Gemüter in der Stadt noch erhitzt: Wo auch immer nach neuen Unterbringungen gesucht wurde, meldeten sich AnwohnerInnen und Beiräte mit „hier nicht“. Karl Bronke vom Sozialressort: „Mit dem Rückgang der Asylbewerberzahlen hat sich die Lage spürbar entspannt.“ Seit Spätsommer letzten Jahres wurden mehr als 800 Plätze aufgeben. Der Grund dafür ist zum einen der Rückgang der Asylbewerberzahlen, zum anderen aber hat sich Bremen auch Kapazitäten geschaffen, die nach den nackten Zahlen plötzlich nicht mehr gebraucht wurden. Das Wohnschiff am Kohlehafen mußte belegt werden, also konnten andere Unterkünfte geräumt werden, und im Sommer kommen mehr als 200 neue Plätze in der Ludwig-Quidde-Straße dazu. Karoline Linnert von den Grünen: „Das ist der Sog der großen Einrichtungen.“ Die müßten wegen der hohen Kosten belegt werden, und dafür würden vielfach nicht die schlechtesten Unterbringungen zugemacht, sondern die, bei denen man am schnellsten aus dem Mietvertrag kommt. Dabei hatte noch der Koalitionsvertrag die „kleinteilige Unterbringung“ festgelegt.

Gerade diese kleinen Unterkünfte wie Hotels und Pensionen werden jetzt gekündigt. Und diese Entwicklung ist noch nicht am Ende, allerdings auch nicht für einige mittelgroße Objekte: Wenn zum Beispiel zum 1. September der Pachtvertrag für das Schwesternwohnheim in der Löhstraße ausläuft, dann soll der nicht mehr verlängert werden, macht unter dem Strich 150 Plätze weniger.

Allerdings, so die Planer, müßte Bremen jetzt vorsichtig sein, „wenn wir nicht wieder Bunker aufmachen wollen“, so Heintze. Eine unerwartete Entwicklung, und die Stadt müßte wieder mehr Flüchtlinge aufnehmen. Deshalb, so Heintze, sollten 500 Plätze vorgehalten werden. Dabei bewegt sich das Ressort schon jetzt am Rand des Möglichen: Nach den internen Zahlen stehen der Kapazität von 5.673 Plätzen zur Zeit 5.298 Menschen gegenüber.

Diese Zahlen bestreitet die CDU rundweg. Roswitha Erlenwein: „Schon jetzt werden 500 Plätze vorgehalten.“ Und da koste jeder mindestens 500 Mark pro Monat. Das Hamsterverhalten kostet also die SteuerzahlerIn eine Viertelmillion Mark pro Monat. „Ganz unverantwortlich“, kommentiert die Sozialpolitikerin, insbesondere, weil gerade im Sozialressort an allen Ecken und Enden gespart werden müsse. „Das ist bei den Selbsthilfegruppen besser angelegt.“ Wenn eines Tages doch noch einmal eine größere Zahl von Unterkünften benötigt würde, dann könnten die jetzt aufgegebenen mühelos reaktiviert werden. Jochen Grabler