: Das Kuliphänomen
■ „Rudis Urlaubsshow“, Sonntag, RTL
Ein unglücklicher Schlagschatten ließ Rudi Carrell traurig zahnlos aussehen. Seltsam, daß der Superperfektionist diese Schlampigkeit der Bildregie nicht persönlich korrigierte. Offenbar hat Carrell sein professionelles Gespür nun vollends eingebüßt. Denn was er uns am Sonntag als Neuheit verkaufen wollte, ist bestenfalls seine eigene TV-Geschichte: die Überraschung kennt man aus der „Rudi-Carrell-Show“, die Politikerspots aus „Rudis Tagesshow“ und die Sketche aus „Am laufenden Band“. Allein das „Herzblatt“ blieb von der Recyclingwut des Holländers verschont. Junge Menschen kommen bei dem alten Rudi nicht mehr vor. Unzählige kokette Abschiede hatte der Mann vor dieser endgültigen Bankrotterklärung schon inszeniert. Bereits beim letzten „Laufenden Band“ Ende 1979 hatte er erklärt, das Potential an Spielideen drohe sich zu erschöpfen. Aber schon ein Jahr später war Rudi wieder da: „Rudi kann's nicht lassen“ hieß die Ein-Mann-Unterhaltungsshow, die er für den WDR produzierte, das Satiremagazin „Rudis Tagesshow“ folgte. Dann wieder ein Abschied, noch ein Comeback („Rudi-Carrell- Show“) – Hollands beliebtester Exportschlager nach der Wassertomate war nicht totzukriegen.
Nach seinem Flop „Die Post geht ab“ wollte es der alte Meister jetzt noch einmal wissen: Soll denn wirklich nicht mehr funktionieren, was 30 Jahre lang am laufenden Band prosperierte? Aber das Fernsehen hat sich mindestens verändert, wenn schon nicht weiterentwickelt. Das sollte sich auch der WDR klarmachen, der dem abtrünnigen Hausnarr im Falle einer RTL-Niederlage die Tür wieder weit aufhält. Dabei wissen wir spätestens seit Kuli, daß Alter eben nicht vor Torheit schützt. Diese Weisheit gilt sogar für die gute alte ARD. Klaudia Brunst
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