Drei Tage, die Geschichte machen

■ 22,7 Millionen Wahlberechtigte können ab heute in 9.000 Wahllokalen unter internationaler Beobachtung abstimmen

Von den rund 40 Millionen Einwohnern Südafrikas dürfen ab heute 22,7 Millionen ihre Volksvertreter wählen, 17 Millionen davon sind Erstwähler. Gewählt werden sowohl das nationale Parlament in Kapstadt als auch die Parlamente der neun Provinzen. Die Wahl dauert drei Tage, der erste Tag ist für Rentner sowie Kranke und Gebrechliche in Krankenhäusern und Altersheimen reserviert. Die allgemeine Wahl beginnt am 27. April in insgesamt 1.200 Stimmbezirken mit 9.000 Wahllokalen. Organisiert wird die Wahl von der Unabhängigen Wahlkommission (IEC) unter Vorsitz von Richter Johann Kriegler in Johannesburg; er koordiniert heute einen Stab von 200.000 Mitarbeitern, Wahlausbildern und Beobachtern.

Die IEC hat bezüglich der Gültigkeit der Wahlen das letzte Wort: Sie kann sowohl die gesamte Wahl als auch das Wahlergebnis in einzelnen Wahlkreisen für ungültig erklären.

Unterstützt wird die IEC von einer Heerschar internationaler Beobachter, die auf die Wahllokale verteilt werden. Rund 1.800 Wahlbeobachter hat die UNO geschickt, 320 die Europäische Union, knapp 200 das Commonwealth und 70 die Organisation Afrikanischer Einheit (OAU). Außerdem stehen mehrere tausend Wahlbeobachter von örtlichen und internationalen Nichtregierungsorganisationen bereit.

Wahlberechtigt sind alle, die 18 Jahre alt und südafrikanische Staatsbürger sind – auch die Bewohner der Homelands, die nach den Wahlen wieder in die Republik Südafrika eingegliedert werden. Es gilt das reine Verhältniswahlrecht, die Sperrklausel für den Einzug ins Parlament beträgt 0,25 Prozent der Wählerstimmen. Anders als bei deutschen Wahlen darf jeder Südafrikaner an jedem Ort des Landes seine Stimme abgeben. Diese Regelung wurde getroffen, weil in einzelnen Gegenden damit zu rechnen ist, daß es zu massiven Behinderungen und Einschüchterungen kommen wird.

Große Schwierigkeiten machte bis heute noch eine weitere Zugangsvoraussetzung: Um im Wahllokal einen Stimmzettel zu erhalten, braucht man ein sogenanntes ID-Book, vergleichbar einem deutschen Personalausweis. Viele Schwarze besitzen jedoch keinerlei amtlichen Identitätsnachweis. Sie können sich bis zu 24 Stunden vor der Wahl eine „zeitlich befristete Wählerkarte“ besorgen. Im Homeland Bophuthatswana etwa sind die Behörden aber völlig überfordert, diese Wählerkarten rechtzeitig und in ausreichender Zahl zu drucken.

Die Stimmenauszählung beginnt am 29. April. Mit verläßlichen Ergebnissen ist frühestens nach 48 Stunden zu rechnen, die Wahlkommission will jedoch vom Beginn der Auszählung an stündlich Ergebnisse aus dem ganzen Land bekanntgeben. Sie hat maximal zehn Tage für die Auszählung und muß innerhalb dieses Zeitraums auch bekanntgeben, ob die Wahl frei und fair war oder in einzelnen Gebieten wiederholt werden muß. Geht alles nach Plan, wird am 6. Mai zum ersten Mal das neue 400köpfige Parlament in Kapstadt zusammentreten und den Präsidenten wählen. Am 10. Mai findet in Pretoria dann die Inauguration des neuen Lenkers am Kap statt. Kordula Doerfler