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Wissenschaftssenator spart ganz geheim

■ Manfred Erhardt verrät nicht, wo er 74 Millionen Mark kürzt / Grüne und FDP befürchten Kahlschlag an den Unis

Die Abgeordneten im Preußischen Landtag werden heute alle Mühe haben, den Nachtragshaushalt durchsichtig zu machen: Sie müssen Einsparvorschläge der Regierung in Höhe von 1,3 Milliarden Mark durchforsten. Beim Wissenschaftsetat ist der Durchblick besonders schwierig. Über 70 Millionen Mark will Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) einsparen. Aber Erhardt und seine Finanzer sagen nicht, in welchen Haushaltspositionen sie das Geld streichen wollen. „Pauschale Minderausgabe“ heißt die Etatposition, die exakt 73,9 Millionen Mark beträgt und die Opposition auf die Palme bringt. „Eine Hintergehung des Parlaments“, meint Sybille Volkholz, Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen.

Der Senator für Wissenschaft und Forschung freue sich, so sein Referent Lothar Eck, daß er „einen etwas größeren Gestaltungsraum“ hat als seine SenatskollegInnen. Er müsse nicht „titelbezogen sparen“. Was dem Senator zur Freude gereicht, das sieht die grün- bürgerbewegte und liberale Opposition als Angriff auf ihr vornehmstes Recht als Parlamentarier: die Verabschiedung und Kontrolle der Ausgaben, die der Berliner Senat tätigt. Der Senator „will nicht mit der Sprache herausrücken, wo er das Geld sparen will“, beschwert sich der Haushaltsexperte der Grünen, Arnold Krause. Und sein FDP-Kollege Jürgen Biederbick ahnt, daß das „de facto darauf hinausläuft, daß er die Unis wieder zur Kasse bittet“.

Bislang stehen die knapp 74 Millionen Mark „pauschale Minderausgabe“ im sogenannten Kopfhaushalt der Wissenschaftsverwaltung. Dieser Titel, der die Kosten der Senatsverwaltung in der Bredtschneiderstraße und Zuschüsse an Wissenschaftsorganisationen enthält, umfaßt aber insgesamt nur ein Volumen von 484 Millionen Mark. Das macht die Opposition unruhig: Wie soll rund ein Sechstel des Etats allein in der Verwaltungsspitze eingespart werden? „Entweder in Erhardts Verwaltung ist viel Luft drin, oder er will die Einsparungen den Universitäten aufdrücken“, meint Sybille Volkholz. Beides sei politisch fragwürdig.

Die Universitäten der Stadt haben in ihren 94er-Etats bereits jetzt eine Deckungslücke von rund 87 Millionen Mark. Bis zum Jahr 2003 sollen sie – was 93 beschlossen wurde – 15.000 Studienplätze abbauen und weitere 135 Millionen Mark sparen, so die jüngsten Planungen. Der Haushalter der FDP, Biederbick, hat indes grundsätzlichere Probleme mit Erhardts unspezifischem Sparen: Verfassungswidrig sei es und nehme dem Haushaltsgesetzgeber die Kontrollmöglichkeit. Die FDP war 1993 mit einer Klage vor dem Landesverfassungsgericht abgeblitzt. Die Liberalen hatten sich an der damaligen zweiprozentigen Haushaltssperre gestoßen. Beim Wissenschaftssenator liegt der für Abgeordnete nicht überprüfbare Anteil inzwischen bei 15 Prozent seines „Kopfhaushalts“. Christian Füller

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