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Schüler-Power vor Raabs Büro

■ Protest gegen Bildungs-Sparpläne geht weiter: 80 PennälerInnen besetzten die Schulbehörde / Reaktion: Polizei statt Dialog Von Kai von Appen

Die Proteste gegen die Sparpläne im Bildungsbereich dauern an: Gestern besetzten 80 SchülerInnen die Schulbehörde. Ihre Forderung: Rücknahme der Sparbeschlüsse sowie ein Gespräch mit Schulsenatorin Rosi Raab. Doch diese weilte bei den Haushaltsberatungen im Rathaus und lehnte ab. Statt dessen wurde am Nachmittag die Behörde zur Sperrzone für Journalisten erklärt, als Bereitschaftspolizei die Räumung vorbereitete.

Die Aktion der Jugendlichen aus verschiedenen Schulen war gut vorbereitet: Eine Vorhut besetzte die Fahrstühle, öffnete die Notausgänge von innen, und im Nu machten sich die SchülerInnen – vom Pförtner unbemerkt – auf den Weg in den 16. Stock zum Büro der Chefin. Verblüffte Gesichter unter den Mitarbeitern des Senatorin-Stabs. „Wir möchten, daß Frau Raab die Kürzungen zurücknimmt,“ so kess eine Sprecherin. Raabs persönlicher Referent Dr. Voges ist verdattert. „Frau Raab hat nicht die Vollmacht, etwas zu ändern.“

Nach Auffassung der PennälerInnen war ihre Besetzungs-Aktion trotz der großen Demo vom Vortag notwendig. Eine Schülerin: „Auf uns wird ja nicht gehört, dann müssen wir eben stärkere Maßnahmen ergreifen.“ Ein Schüler ergänzt: „Oder müssen wir erst wie in Frankreich Häuser anzünden?“

Während in den besetzten Büros powervoll altbekannte Lieder geschmettert wurden - u.a. von „Ton, Steine, Scherben“, „Schneewittchen“, „Bots“ -, verteidigte Landesschulrat Peter Daschner gegenüber einer kleinen Delegation die Sparpläne: „Es wird in Hamburg keine Erhöhung der Klassenfrequenzen geben.“ Im Klartext: Nicht mehr als 15 Schüler pro Leistungskurs. Doch Daschner wurde mit Beispielen aus der Schüler-Realität korrigiert: „In unserem Bio-Leistungskurs sind 29 Leute, weil sie zusammengelegt wurden - kein Einzelfall.“

Immer wieder versuchte der Schulrat, die Raabschen Pläne zu verkaufen. „Wir werden nicht weniger Lehrer haben, das hat die Senatorin durchgesetzt, im Gegensatz zu Polizei und Feuerwehr. Wir sind ein privilegierter Bereich, behalten, was wir haben, und müssen nicht runter.“ Auf Vorhalt der Pennäler mußte Daschner jedoch eingestehen, daß aufgrund des Stellenstopps bei steigenden Schülerzahlen in den nächsten Jahren Engpässe auftreten. Und die sollen durch Mehrarbeit der LehrerInnen kompensiert werden. Das paßt den SchülerInnen überhaupt nicht: „Die Lehrer sind dann noch mehr gestreßt.“ Denn eine Stunde mehr Unterricht bedeute drei Stunden mehr Vor- und Nachbereitungen.

Ohne Ergebnis beendeten die SchülerInnen gegen 16 Uhr ihre Aktion, als Polizei aufmarschierte. Einziges Behörden-Zugeständnis: Rosi Raab besucht am 5. Mai die SchülerInnenkammmer. „Und die Moral von der Geschicht“, so die Pennäler beim Rausgehen, „traut der Schulbehörde nicht.“

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