piwik no script img

„Es läuft alles auf das Blockland raus“

■ „Runder Tisch“ für neue Mülldeponie schlägt drei Standorte vor / Politik sieht aber nur einen

Ob der Bremer Müll verbrannt wird oder nicht: Die nächste Deponie kommt bestimmt, und alle Zeichen deuten darauf hin, daß der neue Standort auch der alte sein wird, das Blockland. Das ist das Ergebnis einer kleinen Umfrage in der Ampelkoalition nachdem der „Runde Tisch“ zur Standortsuche gestern seine Empfehlungen ausgesprochen hatte. Der hatte noch drei Alternativen genannt, „gleichwertige“, wie in einer Pressemitteilung betont wird. Aber was dem „Runden Tisch“ gleichwertig war, das war innerhalb der Ampel sonnenklar. Elisabeth Hackstein von den Grünen: „Das wird alles auf das Blockland hinauslaufen.“

Die Blocklanddeponie ist voll, und egal ob in Zukunft der Bremer Müll verkokelt, vergast oder schnöde verbrannt werden soll, es bleibt „Restmüll“, der irgendwo hingeschafft werden muß. Daß das so sein wird, ist unstrittig, bleibt nur die spannende Frage wohin. Der „Runde Tisch“, das ist der Versuch, das heikle Thema Standortsuche für die neue „Reststoffdeponie“ so friedlich wie möglich über die Bühne zu bringen. Und das ist auch weitgehend gelungen, auch wenn es ganz am Anfang der Diskussionen noch schrille Mißtöne gegeben hat. Damals hatte nämlich die Handelskammer die Mitarbeit abgelehnt, und zwar ziemlich drastisch. Syndikus Dieter Porschen hatte erklärt: „Mit diesen grünen Leuten setze ich mich doch nicht an einen Tisch, da ist mir meine Zeit zu schade.“

„Diese grünen Leute“, da gehörte ein Vertreter des Bundes Deutscher Entsorgergesellschaften ganauso dazu wie die Arbeitgeberverbände. Insgesamt 10 stimmberechtigte Mitglieder, von den Wirtschaftsvertretern über Umweltverbände, Stadtteilbeiräte, Ortsämter bis hin zu den Kleingärtnern rangen um die Standortfrage, die Größe der Deponie und mögliche Kompensationen für die betroffenen Stadtteile. Am Ende stand der Dreiervorschlag: Hemelinger Marsch, die Flugaschendeponie auf dem Klöckner-Gelände oder Erweiterung der Blockland-Deponie. An einem der drei Standorte sollen dann ab dem Jahr 2.000 150.000 Tonnen Restabfälle pro Jahr endgelagert werden. Für Deponie und Nebenanlagen wird eine Fläche von 400x400 Metern benötigt.

„Der runde Tisch hat eigentlich sein Ziel nicht erreicht“, kommentierte Christine Wischer von der SPD, Vorsitzende der Umweltdeputation. Der Konsens über einen Standort sei ja nicht zustandegekommen, das Konfliktpotential sei immer noch da. Das auszuräumen, das sei auch gar nicht die Aufgabe des Runden Tisches gewesen, kontert Frank Claus, einer der Moderatoren des Verfahrens. „Die Arbeitsvereinbarung war: Einen oder mehrere Standorte.“ Der Dreiervorschlag sei ernst gemeint, auch wenn darunter zwei Flächen seien, die als Gewerbeflächen vorgesehen oder in der Diskussion sind. „Warum eigentlich nicht? Man muß dann eben politische Prioritäten setzen.“ Daß der Runde Tisch sich diese Freiheit genommen habe, „das empfinde ich als Gewinn. Jede Gutachterfirma hätte von vornherein die Finger davongelassen.“

Finger davon, dafür hätten Gutachter auch allen Grund gehabt, denn wenn der Runde Tisch die letztliche Entscheidung über seinen Vorschlag an die Umweltpolitikerinnen zurückgibt, werden die drei Alternativen in genau die politischen Raster eingeordnete, die vorauszusehen waren. Das Klöckner-Gelände ist als Gewerbegebiet verplant, und deshalb hat dieser Deponiestandort beim Wirtschaftsenator keine Chance. Und der Vorschlag Hemelinger Marsch ist ganz apart, besonders vor dem Hintergrund, daß sich just um diese Fläche der Wirtschafts- und der Umweltsenator schwere politische Scharmützel geliefert haben. Bleibt als Deponiestandort nur noch das Blockland. Das sieht die Grüne Elisabeth Hackstein genauso wie Magnus Buhlert, ihr FDP-Kollege aus der Umweltdeputation. Und der Wirtschaftssenator Claus Jäger sowieso, nicht ohne nebenbei das RABA-Konzept des Umweltsenators anzuzweifeln: „Ich bin dafür, das im Blockland an einem Fleck zu lassen, Deponie und Verbrennungsanlage. Weil die kommt doch sowieso.“

Vor Ort rührt sich noch kein Widerstand. „In Walle ist das kein Thema. Das ist hinter der Autobahn und da wohnt ja keiner“, sagte der grüne Waller Beirat Dieter Bitomsky. „Walle ist mit dem Müllberg großgeworden.“ So wird aller Voraussicht nach alles auf Kompensationsverhandlungen mit den Waller KommunalpolitikerInnen herauslaufen: Nimmst Du meinen Müll, kriegst Du einen Kindergarten mehr. Auch dafür soll der Runde Tisch einen Vorschlag machen. Den wird er bei seiner letzten Sitzung am 3.Mai diskutieren. Dieter Bitomsky: „Ich seh das ein, aber schön ist es nicht.“

Jochen Grabler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen