Liste anfechtbar

■ Grüne mißachteten das Wahlgesetz

Mit 83 gegen 51 Stimmen ist am vergangenen Wochenende auf dem Landesparteitag der Grünen Niedersachsens die Landesvorsitzende Gila Altmann gegen die Frauenministerin Waltraud Schoppe zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl gekürt worden, mit klarer Mehrheit im zweiten Wahlgang Helmut Lippelt, mit ganzen fünf Stimmen Abstand gewann im Kampf um den dritten Platz Waltraud Schoppe gegen Ursula Schönberger (71 gegen 66).

„Das war ein normaler Delegierten-Parteitag, an dem auch die Landesvorstandsmitglieder stimmberechtigt waren und mitstimmten“, sagt der Justitiar der Grünen, Armin Minkner, und das sei nach dem Bundeswahlgesetz auch korrekt so.

Da irrt er gewaltig. Die grünen Wahlen könnten ungültig sein, weil gegen eindeutige Bestimmungen des Bundeswahlgesetzes verstoßen wurde. Nach dem Bundeswahlgesetz nämlich (§ 21) dürfen nur solche Mitglieder von Parteien an der Bestimmung der Delegierten teilnehmen, die selber wahlberechtigt sind.

Natürlich dürfen Minderjährige oder Ausländer Parteimitglied und Funktionsträger sein, nur eben nicht Delegierte bei der Aufstellung der Bundestagsliste. Die Bremer SPD wählt aus diesem Grunde eigene Delegierte für diese Wahl. Die Bremer Grünen, die per Mitgliederversammlung ihre Landesliste aufstellten, haben in der Einladung extra darauf hingewiesen, daß die Mitglieder ihren deutschen Personalausweis mitbringen müssen.

Unter den niedersächsischen Grünen sind natürlich ausländische Mitglieder. Wenn sie bei der Wahl der Landesdelegierten mitgewirkt haben, war das ein Verstoß gegen das Bundeswahlgesetz. Vermutlich aber ein geringfügiger, weil die Anzahl dieser Mitglieder ohne Wahlrecht zum Bundestag unerheblich ist.

Schwerwiegender schon ist ein anderer Verstoß gegen das Wahlgesetz: Nach der Parteisatzung haben Vorstandsmitglieder auf Parteitagen Stimmrecht, auch wenn sie nicht Delegierte eines Kreisverbandes sind. Bei der Aufstellung der Kandidatenliste haben nach Bundeswahlgesetz aber solche VertreterInnen stimmberechtigt zu sein, die „aus der Mitte“ der wahlberechtigten Mitglieder bestimmt wurden.

Kleine Anfrage bei der niedersächsischen Landes-SPD: Werden Vorstandsmitglieder am 16. Juli mitstimmen, wenn es um die Landesliste der SPD geht? „Bei solchen Wahlen nie“, weiß man in der Geschäftsstelle. Für die staatliche Wahlrechtsreferenten ist der Gesetzestext in diesem Sinne auch eindeutig formuliert.

Anders sieht man es bei den niedersächsischen Grünen. Entscheidend sei, so Armin Minkner, der Justitiar, daß die Vertreter der Mitglieder in geheimer Wahl bestimmt würden. Zur Landtagswahl hatte er ein Gutachten gemacht, in dem stand: Bei der Aufstellung der Landtagsliste dürfen „geborene“ stimmberechtigte Mitglieder des Vorstandes nicht mitstimmen, bei der Liste für den Bundestag sehr wohl.

Wenn die Wahl der Bundestags-Liste angefochten wird, hat ein Richter natürlich auch zu prüfen, ob das Ergebnis der Wahlen möglicherweise anders ausgefallen wäre, wenn die Vorschrift des Bundeswahlgesetzes beachtet worden wäre. Bei acht Vorstandsmitgliedern und fünf Stimmen Differenz zumindest in einem entscheidenden Urnengang dürfte das nicht auszuschließen sein. K.W.