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Introspektiver College-Rock

■ Bislang spielten „Cell“ als Vorgruppe von Underground-Größen wie „Sonic Youth“ und „Pavement“, nun gastieren die vier Musiker als Haupt-Act in Hamburg.

Eine weitere Zelle im kränkelnden Rock-Organismus: Die unermüdlich tourende nordamerikanische Band Cell erklärt sich.

taz: Ist es wahr, daß ihr „Introspective Rock“ spielt, wie es Euer Label City Slang behauptet?

Cell: Wir machen eben sehr persönliche Texte und versuchen, uns über unsere Musik besser kennenzulernen. Introspektiv sind wir eigentlich nur bezüglich unserer Texte: Wir singen nicht von Weltproblemen.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Euch und „Grunge“?

Nein. Alles, was wir wollen, ist, in einer Rockband zu spielen. Wir verlassen uns auch nicht auf MTV. Deshalb können wir nur ununterbrochen auf Tour gehen.

Das Covermotiv Eurer aktuellen CD „Living Room“ zeigt einen Jungen, der einsam auf die Wirren einer Großstadt blickt. Mancher Betrachter fragt sich, was wohl dabei der Grundgedanke ist.

Nun ja, viele Leute denken, daß wir Pessimisten seien, weil das Cover nicht schön bunt ist und die gezeigte Person auch ein wenig verloren wirkt. Eher aber stellt das Bild jemanden dar, der am Anfang einer langen Reise steht. Es gibt unzählige Wege und Möglichkeiten, die man wählen könnte. Es bedeutet so viel wie: Nicht wissen, was man erwarten soll. Genauso ist es auch mit der Band. Wir bewegen uns zwar vorwärts, aber fragen uns trotzdem immer wieder, was wohl hinter der nächsten Ecke auf uns warten mag.

Ihr seid also nicht soo hoffnungslos?

Äh, vielleicht ein bißchen, aber es wird doch mehr die Ungewißheit thematisiert. In einer Band zu spielen, stellt das ganze Leben auf den Kopf. Man ist vielleicht sieben oder acht Monate auf Tournee, kommt dann nach Hause und muß wieder arbeiten gehen. Der Titel der Platte bezeichnet weniger das eigene Wohnzimmer, als eher die Welt, in der man lebt. In einer Band wirst Du ständig durchgeschüttelt, du hast sehr wenig Sicherheiten. Auf die eine oder andere Weise beziehen sich auch all unsere Songs auf diese Art, sein Leben zu führen.

Die Texte scheinen abstrakt gehalten zu sein, wirken aber dennoch nicht so sinnlos, wie man es von manchen anderen Gruppen kennt. Gewährt Ihr dem Hörer absichtlich einen Freiraum zur Interpretation?

Wenn die Texte entstehen, hat man natürlich schon gewisse Dinge im Kopf. Allerdings haben wir versucht, sie etwas kreativer zu formulieren. Es wird ja auch für den Hörer schnell langweilig, wenn er sofort durchschauen kann, worum es geht. Besser ist es, sich einer Sache anzunähern, sie aber trotzdem nicht exakt zu benennen.

Die Fragen stellte Jan-Christoph Wolter.

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