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Die Pfalz in Bewegung

1. FC Kaiserslautern – Borussia Dortmund 2:0 / Die Pfälzer dürfen weiter vorsichtig an der Meisterschaft schnuppern  ■ Aus Kaiserslautern Günter Rohrbacher-List

Zufrieden schritt Kaiserslauterns Manager Reiner Geye nach dem Spiel zum Mikrofon und verkündete noch einmal, was alle ohnehin schon wußten: Das badisch- bayerische Spielchen des Karlsruher SC gegen die Münchner war ohne einen Sieger geblieben (1:1). Der 1. FCK darf träumen bis morgen abend, weil die Rivalen aus dem Bayernland mit einem Spiel im Rückstand sind und die Lauterer mit einem mageren Pünktchen Vorsprung Tabellenführer. Pavel Kuka sei Dank. An beiden Toren gegen Dortmund war der Tscheche beteiligt, mal indirekt, mal direkt, und hat sehr zur Erleichterung des oft ungeliebten Geye dessen Einkaufspolitik eindrucksvoll bestätigt. „Hätten wir Kuka schon vor dem Spiel gegen den SC Freiburg einsetzen können, wer weiß, wie weit wir heute wären“, sinnierte Trainer Friedel Rausch.

Was seinem zweiten Stürmer Stefan Kuntz, immerhin mit 17 Treffern neben Anthony Yeboah der erfolgreichste Torjäger der Saison, nicht sonderlich behagte: Enttäuscht sei er, wegen der Auswechslung in der 63. Minute – „ich war doch nicht verletzt“ – gut gespielt habe er doch auch, den Elfmeter nervenstark verwandelt, also was soll die öffentliche Maßregelung? Ja, so denkt einer, der sein Ticket zur Weltmeisterschaft in Amerika im großen Teich verschwinden sieht. Sein Coach dachte hingegen an die Mannschaft, die in den vergangenen Wochen gezeigt habe, daß sie auch ohne einen Kuntz den Ball im Netz versenken kann.

Vor den Augen von Berti Vogts, der dagewesen sein soll, aber von niemandem gesichtet wurde, übte sich schon nach drei Spielminuten vollmundig eine große rot-gelbe Koalition im bajuwarischen Lederhosen-Striptease. Die ohne die arabiengeschädigten Matthias Sammer und Karlheinz Riedle angetretenen Borussen wurden von den energisch angreifenden Pfälzern schier überrannt: 8. Minute – Ciriaco Sforza paßt zu Martin Wagner, doch dessen Flanke erwischt Kuka nicht richtig. 11. Minute – Hengens Paß haut Kuntz aus fünf Metern drüber. Als Kuka dann von Michael Zorc im Strafraum von den Beinen geholt wurde, zieht Stefan Kuntz per Strafstoß mit Anthony Yeboah gleich – das 17. Saisontor.

Mit dem Halbzeitpfiff geriet jedoch FCK-Keeper Gerry Ehrmann bei Flemming Povlsens Kopfball erstmals in ernsthafte Bedrängnis, und fortan dominierten die Dortmunder, „die uns das Leben so schwer machten wie sonst selten eine Mannschaft auf dem Betzenberg“ (Rausch). Mit dem sicheren Michael Schulz in der Abwehr und dem herausragenden Gerhard Poschner im Mittelfeld trumpften die Gelb-Schwarzen auf. Was Fernsehkommentator Guenther Peter Ploog veranlaßte, von einem „nicht meisterlichen Spiel“ der Lauterer zu sprechen. Friedel Rausch, vor Selbstbewußtsein strotzend, korrigierte den Mann: „Der überträgt doch meistens Eishockey, und da ist es ja kalt.“

Dabei war es heiß auf dem Betzenberg. Nicht nur den Besucherinnen und Besuchern der noch dachlosen Nordtribüne. Auch die Spieler schleppten sich über den Rasen. Dennoch sprach Friedel Rausch, wie man es artig von einem Trainer erwartet, Ploog zum Trotz, von einem „großartigen Spiel meiner Mannschaft“. In der zweiten Halbzeit waren die Dortmunder dem Ausgleich sehr nahe. Erst hob Poschner drüber, dann vergab Chapuisat gegen Ehrmann, und zu guter Letzt landete Povlsens Schuß am Lattenkreuz. Doch der 1. FCK kam wieder auf die Beine. Wer sonst als Pavel Kuka hätte das 2:0 erzielen sollen? Erst an der Latte, dann an Klos war er gescheitert, nun beförderte er eine Vorlage von Sforza nach Wagner- Flanke ins Tornetz – 2:0.

Der 1. FCK war Tabellenführer – auf unbestimmte Zeit. Doch egal, wie der 1. FC Nürnberg morgen abend im Münchner Olympiastadion spielen wird: Am Samstag werden zigtausend Lauterer Fans per Bus, Bahn, Auto oder Jet nach Hamburg pilgern. Richard Golz, der Torwart des HSV, sollte sich warm anziehen. Vor drei Jahren führte die pfälzische Völkerwanderung nach Köln, und Bodo Illgner weiß heute noch ein Lied von dem deklassierenden 6:2 der Lauterer zu singen.

Borussia Dortmund: Klos - Reuter - Schmidt, Schulz - Kutowski (63. Ricken), Zorc, Poschner, Freund (75. Sippel), Reinhardt - Chapuisat, Povlsen

Zuschauer: 40.500; Tore: 1:0 Kuntz (18.), 2:0 Kuka (71.)

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