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In Zehlendorf kein Stauraum für die Rollheimer

■ Berlins grünster Bezirk lehnt auch die vorübergehende Unterbringung der Wohnwagen in Dreilinden ab / Bürgermeister: Zehlendorf ist benachteiligt genug

Zehlendorfs Bezirksbürgermeister Ulrich Menzel (CDU) ist empört. Der Stauraum Dreilinden, wohin Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) das Rollheimerdorf vom Potsdamer Platz verlegen will, sei dafür „kein geeigneter Standort“. Das Bezirksamt, so Bezirksbürgermeister Menzel, schaffe gerade die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bau eines Motels auf dem Gelände. Das Projekt scheint indes noch nicht weit gediehen zu sein – die Frage, ob es bereits Investoren gebe, konnte Menzel nicht beantorten. Der zuständige Zehlendorfer Baustadtrat Klaus Eichstädt (CDU) war gestern nicht erreichbar. Gegen den Bau bestehen außerdem ökologische Bedenken, weil er in einer für Berlin wichtigen Frischluftschneise liegt.

Zudem stelle auch die benachbarte Gemeinde Kleinmachnow Ansprüche an das Gelände, über das sie ihren geplanten Gewerbepark an den öffentlichen Nahverkehr Berlins anbinden will. Weil diese beiden Projekte jedoch nicht kurzfristig verwirklicht werden, ging die Sozialsenatorin nach Angaben ihres Pressesprechers Wolfgang Zügel davon aus, daß der Bezirk sich nur gegen eine dauerhafte Ansiedlung der Rollheimer zur Wehr setze.

Dem widerspricht Bezirksbürgermeister Menzel vehement: „Wir akzeptieren selbst ein Provisorium nicht.“ Bereits in den 80er Jahren, als auf dem Stauraum Unterkünfte für Asylbewerber errichtet werden sollten, hätten die Anwohner protestiert: Ihren Kindern sei es dann nicht mehr zumutbar, auf dem Weg zur benachbarten Schule das Gelände zu überqueren. Solche Bedenken seien jetzt wieder zu erwarten. Zehlendorf ist, glaubt man den Worten des Bürgermeisters, ohnehin geschlagen genug: Der Bezirk habe „schon ganz andere Lasten getragen“, so viele „Asylanten“, Kriegsflüchtlinge sowie Sinti und Roma habe kein anderer Bezirk aufnehmen müssen.

Auch eine Ansiedlung auf einem anderen Grundstück in Zehlendorf kommt für Menzel nicht in Frage: „Wir können uns kein Grundstück aus den Rippen schneiden, wir haben noch nicht mal Gewerbegrundstücke.“ Dennoch wehrt er sich gegen den Vorwurf, den Schwarzen Peter den anderen Bezirken zuzuschieben. Ein Grundstück sei überhaupt nicht vonnöten, denn die „widerrechtliche Landnahme“ der Rollheimer am Potsdamer Platz müsse man nicht auch noch honorieren, indem man ihnen ein Ersatzgelände anbiete.

Die Rollheimer selbst sind von der Idee ohnehin nicht begeistert, zu den Millionären zu ziehen. Sie würden als Übergangslösung das bahneigene Brachland am Anhalter Bahnhof vorziehen und langfristig auch ein Gelände in Lichtenberg akzeptieren, sagte Antje Wittkopp. Doch die Sozialsenatorin verweist auf einen Senatsbeschluß, wonach keine Wagenburgen mehr im Innenstadtbereich angesiedelt werden sollten. Sie hat sich außerdem darauf festgelegt, die dritte Wagenburg im Westteil zu belassen, nachdem die anderen schon in die Wuhlheide und nach Pankow umziehen mußten. Ralph Bollmann

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