■ Bill Clinton, seine Haiti-Politik und die Apo: Einen langen Atem
In Booten aus Haiti zu fliehen ist gefährlich. Man kann ertrinken. Mit diesen Worten, ausgestrahlt über das haitianische Radio, hatte Bill Clinton noch vor seiner Vereidigung als Präsident der USA angekündigt, daß auch unter seiner Amtszeit haitianische Flüchtlinge auf hoher See abgefangen und in ihr Land zurückgebracht werden.
In Haiti zu bleiben ist gefährlich. Man kann ermordet werden. Über 4.000 Menschen sind seit dem Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten Aristide getötet worden – zuletzt mindestens 28 Männer, Frauen und Kinder aus Raboteau, einem Slum an der Küste, die in ihren Fischerbooten vor den anrückenden Militärs und Todesschwadronen auf das offene Meer fliehen wollten. Wäre es ihnen gelungen, so hätte sie die US-Küstenwache ein paar Meilen weiter abgefangen und zurückgebracht. Gleichzeitig fliegen die Gattinnen der Putschisten ab und an in Miami ein, um beim Einkaufsbummel jenes Geld auszugeben, das ihre Ehemänner dank des Ölembargos mit geschmuggeltem Benzin verdienen.
Das hört sich nach „US-Hinterhofpolitik“ alter Schule an. Doch die Diktatoren in Haiti sind nicht an der Macht geblieben, weil dies erklärtes Interesse der US-Außenpolitik ist. Sie sind an der Macht geblieben, weil es keine US-Außenpolitik gibt. Daran ändert auch nichts, daß die USA nun via UNO die Wirtschaftssanktionen gegen Haiti verschärfen wollen und das Weiße Haus derzeit die US-Presse mit Schlagzeilen über die „Möglichkeit einer militärischen Option“ füttert. Dies ist keine Handlungsstrategie, sondern innenpolitische Performance, um einer wachsenden Protestbewegung aus Kongreßabgeordneten, Gewerkschaftern, Kirchenführern, Hollywood-Prominenten und haitianischen Exilanten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Eine militärische Invasion ist im Kongreß nicht durchsetzbar; der neue Sanktionskatalog enthält keinen Zeitpunkt für eine Rückkehr Aristides. Ein totales Wirtschaftsembargo würde darüber hinaus bei den Putschisten nur Wirkung zeigen, wenn Haitis Nachbar und wichtigster Schmuggelpartner, die Dominikanische Republik, zur Einhaltung gezwungen wird.
Also business as usual? Nicht ganz. Denn die außerparlamentarische Protestbewegung, ein Musterbeispiel für amerikanischen Lobbyismus im positiven Sinne, läßt sich ihr Momentum so schnell nicht nehmen – auch wenn sie bislang nicht mehr erreicht hat, als den innenpolitischen Preis für Clintons desolate Haiti-Politik in die Höhe zu schrauben. Dies ist der Beginn einer langen Kampagne. Ihre Protagonisten haben einschlägige Erfahrungen: Viele von ihnen stammen aus der Anti-Apartheid-Bewegung. Andrea Böhm, Washington
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