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Emilio Riva wird bekniet

■ Treuhandpräsidentin, Bundeswirtschaftsminister und Brandenburgs Ministerpräsident bemühen sich, den beleidigten italienischen Stahl-Unternehmer Emilio Riva für Eko-Stahl zurückzugewinnen

Berlin (taz/dpa) – Für Otto Gellert ist gestern eine unangenehme Zeit angebrochen. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Eko Stahl AG dürfte nämlich große Schwierigkeiten haben, seine Rolle im Privatisierungs-Poker gegenüber seinen Kollegen im Treuhand-Verwaltungsrat zu rechtfertigen. Denn während die Treuhand, der Eko noch gehört, mit dem italienischen Stahl-Unternehmer Emilio Riva einen Übernahmevertrag aushandelte, sorgten Eko-Aufsichtsrat, Management und IG-Metall für immer neue Hindernisse bei der Umsetzung des Vereinbarten – bis Emilio Riva sich entnervt zurückzog. Gellert, so der Vorwurf der Italiener, habe schließlich bis 1992 für den westdeutschen Stahlkonzern Hoesch als Wirtschaftsprüfer gearbeitet und darum kein Interesse, mit Riva einen ausländischen Konkurrenten auf den deutschen Markt zu lassen.

Hektisch versucht nun Treuhandpräsidentin Birgit Breuel, den schmollenden Riva nach Eisenhüttenstadt zurückzuholen. Nach ergebnislosen Verhandlungen am Mittwoch meldete die Börsen-Zeitung gestern, daß Breuel Riva eine neue Privatisierungsvariante vorgeschlagen habe. Danach soll Riva nicht, wie geplant, die Eigentumsanteile an der Eko Stahl AG kaufen, sondern das Sachanlagevermögen und dazu die Belegschaft übernehmen. Diese Variante würde nur aus einem einzigen Grund Sinn machen: Der Aufsichtsrat und die Eko-Vorstände wären ausgebootet, die Eko- Stahl-AG eine leere Unternehmenshülle. Riva könnte mit neuen Leuten einen Neuanfang machen.

Treuhand-Sprecher Wolf Schöde wollte den Bericht gestern nicht kommentieren. Er teilte mit, daß am Mittwoch ein weiteres Spitzengespräch zwischen Riva und Treuhand stattfinden werde.

Mit der neuen Kaufvariante könnte auch der Streit zwischen Riva und IG Metall über den neutralen Mann im künftigen Aufsichtsrat umgangen werden. Die Treuhand hatte sich verpflichtet, die Umwandlung von der AG in eine GmbH vor der ursprünglich zum 1. Mai beabsichtigten Privatisierung an Riva vorzunehmen. Das scheiterte an dem Gewerkschaftsvorschlag, Hans Apel (SPD) als neutralen Mann im Aufsichtsrat zu plazieren. Nach den Montan-Mitbestimmungsgesetzen müssen in Stahlfirmen die Aufsichtsräte je zur Hälfte mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern sowie einem „Neutralen“ besetzt werden.

Der vereinbarte Abbau von Arbeitsplätzen wäre von dem Breuel- Vorschlag nicht berührt, weil die Arbeitsverhältnisse auch beim Verkauf von Betriebsteilen auf den neuen Eigentümer übergehen würden.

Günter Rexrodt (FDP) drohte gestern mit „personellen Konsequenzen“ bei Eko, falls eine Sanierung mit der jetzigen Führungscrew nicht möglich sei. Allerdings ist Rexrodt seit seinem Wechsel von der Treuhand auf den Bundeswirtschaftsminister-Sessel für derlei Personalentscheidungen nicht mehr zuständig. Auch Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) beteuerte, daß die Landesregierung unbedingt Rivas Einstieg in Eisenhüttenstadt wolle.

Für das Stahlwerk an der polnischen Grenze wäre ein Scheitern des Riva-Konzepts fatal: Ohne staatliche Subventionen für Investitionen würde niemand Eko kaufen. Subventionen in neue Stahlanlagen, wie in die geplante Warmbreitbandstraße, gestattet aber die EG-Kommission nur, wenn gleichzeitig in Ostdeutschland eine entsprechende Anlage stillgelegt würde. Das wiederum kann nur Riva, der sein Werk in Hennigsdorf schließen könnte. Dem Eko- Aufsichtsrat Gellert dürfte das klar sein. Die IG-Metall hingegen vertraut auf die Dynamik von Wahlkämpfen: Vor Wahlen werde schon kein Stahlwerk plattgemacht. Aber was ist danach? Donata Riedel

Porträt Seite 11

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