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Entscheidungsschlacht in Ruanda

■ Schwere Kämpfe um Kigali / RPF gegen Gespräche

Nairobi/Kigali (dpa/AP/AFP)

Die Ankündigungen der Bürgerkriegsparteien in Ruanda zur Einhaltung eines Waffenstillstands haben sich erneut als leere Versprechen erwiesen. Die Rebellen der Patriotischen Front (RPF) setzten am Wochenende ihre Angriffe auf Stellungen der Regierungstruppen mit unverminderter Heftigkeit fort und drängten die Regierungstruppen offenbar weitgehend in die Defensive. In der Nacht zum Sonntag lieferten sich beide Seiten heftige Kämpfe um eine wichtige Stellung der Regierung in der Nähe des Flughafens von Kigali. Gestern flauten die Kämpfe ein wenig ab, worauf die UNO ihre seit Donnerstag suspendierten Flüge wieder aufnehmen konnte. Beide Seiten hätten Sicherheitsgarantien gegeben, hieß es aus der UNO.

RPF-Oberbefehlshaber Paul Kagame sagte, an eine Waffenruhe sei erst zu denken, wenn die Rebellen die Hauptstadt Kigali eingenommen hätten. Eine internationale Militärintervention lehnte er ab. „Der Völkermord ist bereits geschehen“, sagte er im neuen RPF-Hauptquartier in Kabuye, acht Kilometer östlich von der Hauptstadt Kigali. „Die Menschen sind tot. Eine Intervention ausländischer Truppen zu diesem Zeitpunkt würde nur den Kriminellen helfen.“ Weitere Verhandlungen mit der vor einem Monat selbsternannten und zur Zeit in Zaire weilenden „Übergangsregierung“ lehnte er ab.

Die Regierungstruppen rekrutierten nach UNO-Angaben am Wochenende Tausende von Zivilisten für den Kampf gegen die Guerilla. Etwa 50.000 Zivilisten würden zur Zeit militärisch ausgebildet, hieß es. Damit will die Regierungsarmee offenbar ihre desolate Lage verbessern. Die UNO bestätigte nicht jedoch die Vorwürfe der Regierungsarmee, die RPF-Guerilla erhalte Unterstützung durch Söldner aus Uganda.

Die Führung der UNO-Streitkräfte in Ruanda forderte derweil eine drastische Verstärkung der Blauhelmtruppen von derzeit 270 Mann. Es würden etwa 7.000 Soldaten benötigt, damit die UNO- Truppen ihre humanitären Aufgaben erfüllen könnten anstatt an Straßensperren schikaniert zu werden, sagte ein ranghoher UNO-Offizier. Die USA und Tansania forderten die Entsendung von internationalen Beobachtern nach Ruanda, die die Einhaltung einer Waffenruhe überwachen sollten. Die britische Hilfsorganisation Oxfam forderte die UNO auf, mit einer Militärintervention dem Morden in Ruanda ein Ende zu machen.

„Oxfam gebraucht den Begriff Völkermord nicht leichten Herzens“, hieß es in einer ganzseitigen Zeitungsanzeige. Aber das Abschlachten des Tutsi-Stammes könne nicht anders bezeichnet werden. Die Gleichgültigkeit der Welt gegenüber den Verbrechen in Ruanda sei kriminell. Nach UNO-Schätzungen sind in Ruanda 200.000 Menschen massakriert worden.

Das Rote Kreuz begann mit der Evakuierung des größten Krankenhauses der Stadt. 3.000 Patienten, Ärzte und Krankenschwestern wurden in Autokonvois nach Gitarama, 45 Kilometer südlich von Kigali, gebracht. Das Hospital war bei den Kämpfen mehrfach von Granaten getroffen worden. Regierungstreue Milizen hatten Patienten der Tutsi-Minderheit in ihren Krankenbetten ermordet.

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