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Internationale Beobachter in Hebron angekommen

■ Palästinensische Bewohner der Stadt empfingen sie freundlich, waren aber skeptisch gegenüber der Schutzwirkung der Truppe / Ankunft der PLO-Polizei verzögert

Hebron (taz) – 120 der 160 internationalen Beobachter aus Norwegen, Dänemark und Italien sind gestern mittag in Hebron angekommen. Dort wurden sie nicht nur von Bürgermeister Mustafa Natsheh mit freundlichen Worten empfangen, sondern auch von Hunderten einheimischer Bürger. Die Beobachter, die unter dem Kürzel TIPH – Temporary International Presence in Hebron – ihre Arbeit aufnehmen, sind unbewaffnet. Sie werden in weißen Fiats und weißer Kleidung, auf denen das TIPH- Kürzel in roter Schrift prangt, durch die Stadt patrouillieren. Ihre Arbeit wird darin bestehen, Berichte über Gewalttaten zu verfassen und diese an den Bürgermeister der Stadt und an den israelischen Militärgouverneur zu liefern.

Vor allem die palästinensische Bevölkerung, die sich seit Jahren in der Stadt durch das gewalttätige Auftreten der jüdischen Siedler drangsaliert sieht, beurteilen die Schutzwirkung der Beobachter skeptisch. „Wie wollen Sie sich denn um unsere Sicherheit kümmern?“ fragt ein alter Palästinenser, der in der Altstadt wohnt, einen der Beobachter. „Wir werden uns nicht zwischen euch und die Israelis stellen“, antwortet Age Anthonson von Norwegen, „doch wir hoffen, daß unsere Gegenwart die Gewalttaten stoppen wird. Es liegt letztlich an euch und den Israelis, wie sich die Lage hier entwickelt.“

Kurz nach der Ankunft der Beobachter vor dem Rathaus der Stadt begann eine kleine Gruppe jugendlicher Hamas-Aktivisten Slogans zu rufen wie: „Wir wollen keine Siedler mehr in Hebron sehen“, „Es wird keinen Frieden geben, bis nicht alle Gefangenen entlassen sind“ und immer wieder der Ruf „Allahu Akbar“, Gott ist groß. Nach nur fünf Minuten kam israelisches Militär, und die Situation eskalierte kurzzeitig. Steine flogen, Soldaten schossen Tränengasgranaten ab, insgesamt zehn Palästinenser wurden verwundet.

Aber die Beobachter waren noch nicht im Dienst. Sie standen am Straßenrand, ohne sich um das Ereignis zu kümmern. „Unsere Arbeit beginnt erst, wenn wir bei unserer Unterkunft angekommen sind“, sagt Troes Aagaard, ebenfalls von Norwegen.

Von den 160 Mitgliedern der internationalen Gruppe werden nur 60 als Beobachter fungieren, die übrigen sind Fahrer, Krankenschwestern, Sekretärinnen, auch ein Arzt ist dabei. In vier Schichten werden sie für die begrenzte Zeit von drei Monaten versuchen, an brenzligen Punkten der Stadt zu sein. Die Entsendung der Beobachter, die keinerlei polizeiliche oder militärische Gewalt haben, wurde auf Wunsch der PLO nach dem Massaker durch den UN-Sicherheitsrat gebilligt.

Die Ankunft der ersten 270 palästinensischen Polizisten, die im Autonomiegebiet Jericho stationiert werden sollen, verzögert sich hingegen. Sie hätten eigentlich am gleichen Tage wie die TIPH-Beobachter in der Westbank ankommen sollen. Die israelischen Behörden hätten noch nicht alle nötigen Vorkehrungen getroffen, erklärte ein PLO-General die Verspätung. Julia Albrecht

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