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Blutiges Ende einer Wiedervereinigung

■ Jemen zerfällt im Bürgerkrieg / Truppen des Nordens stehen kurz vor Süd-Hauptstadt Aden

Sanaa/Aden/Berlin (AFP/AP/dpa/taz) Der Jemen zerfällt im Bürgerkrieg. Die fünf Monate vor der deutschen Vereinigung aus einem realsozialistischen und einem konservativen Teil zusammengeschlossene „Republik Jemen“ löst sich in ihre Bestandteile auf. Nach vier Tagen heftiger Kämpfe zwischen den rivalisierenden Truppen beider Landesteile standen gestern Soldaten aus dem Norden 20 Kilometer vor Aden, der Hauptstadt der ehemaligen südlichen „Demokratischen Volksrepublik Jemen“. Die eine halbe Million Einwohner zählende Stadt lag unter Beschuß. Zuvor hatten Truppen aus dem Norden den wichtigsten südlichen Luftwaffenstützpunkt el-Anad überrannt. Die Militärbasis liegt rund 50 Kilometer nordwestlich von Aden. Daneben verfügen die südjemenitischen Militärs nur noch über den Luftwaffenstützpunkt el- Mokalla, 700 Kilometer östlich von Aden.

Der vom Norden für abgesetzt erklärte Verteidigungsminister Haitham Kassem Tahar verfügte eine Generalmobilmachung im Süden. Per Dekret wurden alle Reservisten aus dem Süden aufgefordert, sich innerhalb von 24 Stunden bei ihren Einheiten einzufinden.

Südjemenitische Kampfbomber flogen gestern Angriffe auf die Städte Hodeida, Tais und die Hauptstadt Sanaa im Norden. In der Umgebung von Sanaa schlugen nach Angaben eines nordjemenitischen Militärsprechers mindestens fünf Scud- Raketen ein. Verletzt wurde dabei angeblich niemand. Wie viele Opfer der Krieg mittlerweile gefordert hat, läßt sich nicht einmal schätzen, da beide Seiten ausschließlich Jubelmeldungen verbreiten.

Die Arabische Liga gab gestern bekannt, sie werde Vermittler nach Sanaa schicken. Der stellvertretende Generalsekretär der Liga, General Said Birgadar, erklärte, der aus dem Norden stammende jemenitische Außenminister Mohammed Salim Basandwah habe einer Delegation freies Geleit zugesagt. Präsident Saleh (Norden) hatte die Kämpfe dagegen am Samstag als „innere Angelegenheit“ des Jemen bezeichnet und sich gegen eine Einmischung der Liga verwahrt.

Der US-Beauftragte für den Nahen Osten, Robert Pelletreau, sagte, die Truppen des Nordens seien denen des Südens offenbar deutlich überlegen. Jedoch seien auch die südjemenitischen Soldaten so gut ausgerüstet, daß sich die Kämpfe längere Zeit hinziehen könnten.

Die Krisenstäbe westlicher Regierungen waren gestern weiter bemüht, die vom Bürgerkrieg überraschten Ausländer zu evakuieren. Gestern trafen die ersten ausgeflogenen Deutschen in Frankfurt ein. Eine Transall der Bundeswehr startete von Sanaa Richtung Dschibuti. Die Regierungen in Paris und Washington entsandten ebenfalls Schiffe und Flugzeuge zur Evakuierung. In akuter Gefahr sind auch 13.000 Flüchtlinge aus Somalia. Sie waren vor rund zwei Jahren vor dem Bürgerkrieg im eigenen Land mit Booten in den Jemen gekommen und leben in einem Lager. Das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) teilte gestern mit, der Kontakt zum Camp sei abgebrochen, höchstwahrscheinlich sei es von Geschossen getroffen worden. Tagesthema Seite 3

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