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■ Ehepaar Greve schenkt dem Uni-Hauptgebäude zwei Flügelbauten / Einige Studis wollten die gute Nachricht nicht hören Von Kaija Kutter

Wer kennt es nicht von früher: Geburtstagsfeeling. Vater und Mutter reden nur von sparen und kein Geld und vielleicht ne Torte, aber dann steht doch das schicke Rennrad vor dem Gabentisch. So oder ähnlich muß sich Uni-Präsident Jürgen Lüthje gefühlt haben, als durchsickerte, daß der Hamburger Bauunternehmer Helmut Greve und seine Ehefrau Hannelore der Hochschule zum 75. Jubiläum zwei neue Gebäude schenken.

Je links und rechts vom Uni-Hauptgebäude in der Edmund-Siemers-Allee sollen Gebäudekomplexe mit 10.000 Quadratmetern Nutzfläche und 200 Räumen entstehen - darunter 18 Seminarräume, vier Hörsäle und zwei je 650 Quadratmeter große Foren für studentische Aktivitäten. Mit dem Bau kann eventuell schon im Frühjahr 95 begonnen werden.

So sieht es der Plan vor, den das spendable Ehepaar und Bürgermeister Voscherau gestern mittag im Rathaus vorstellten. Die bisherige Planung der Wissenschaftsbehörde fiel um ein Drittel kleiner aus bei Kosten von 50 bis 75 Millionen Mark. Er sei gespannt, ob ein Privatunternehmer es günstiger hinbekomme, so Voscherau, aber über finanzielle Details wolle man nicht reden.

Zweiter Akt: Die Greves hatten der Uni schon ein Geschenk gemacht. Für 1 Million Mark finanzierten sie den Bau einer begehbaren Skulptur, die dem Campus ein neues kommunikatives Zentrum verleiht. Zur feierlichen Einweihung gestern um halb drei bestieg ein freudestrahlender Lüthje mit den Greves im Schlepptau die Empore der neuen Skulptur.

Und schon gab's Ärger: Wenn der Uni für 6,9 Millionen Mark Stellen gestrichen werden, sind eine Million für Steine und Beton Geldverschwendung, hatten sich etliche Studenten überlegt und den Einweihungs-Termin zum Kristalisationspunkt ihrer Anti-Spar-Proteste erkoren. Der Uni-Präsident wurde von der Hälfte der rund 400 Zuhörer ausgepfiffen und kam kaum zu Wort, um die frohe Botschaft zu verkünden.

Greve selbst wurde als vermeintlicher „Immobilienhai“ geoutet, der mit dem Bürokomplex am Osterbekkanal riesige Leerstände produziert. „Daß son Typ sich hier auf dem Campus verewigen darf“, schimpfte ein als Bauarbeiter verkleideter Student in einem vorab aufgeführten Sketch. „Der Skandal ist doch, wie so ein Greve zu 70 Millionen Mark kommt“, rief ein anderer über Megaphon. Und mehrere im Chor: „Wir werden nicht weichen. Streichen bei den Reichen“. Höhepunkt der „Aktion“: Von der Spitze des Philturms wurde ein Transparent mit der Aufschrift „Bildungssturz“ entrollt und eine Puppe hinuntergeschmissen.

Unterdessen wurde die Mikrophonleitung für Lüthje gekappt und der edle Spender Greve von einem blauen Farbbeutel getroffen. Die Stimmung war so aufgeheizt, die Trillerpfeifen so laut, daß gar nicht daran zu denken war, den 71jährigen Mann selbst sprechen zu lassen. Im Schutz seiner reichlich angesäuerten Angehörigen verließ der Bauunternehmer nach einer halben Stunde den Campus.

Gefragt von Journalisten, ob sein Angebot denn noch bestehe, sagte dieser: „Ja. Es wird bloß schwieriger, das in der Familie zu vertreten“.

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