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Investitionen werden billiger

■ Bundesbank senkt Leitzinsen, Waigel führt Wahlkampf

Frankfurt/Main (dpa) – Seit heute morgen könnte geliehenes Geld deutlich weniger kosten als am Wochenbeginn – wenn die Banken mitspielen. Am Mittwoch hat die Bundesbank ihre Leitzinsen um jeweils 0,5 Prozentpunkte gesenkt. Die Zentralbanken der meisten Länder Europas folgten ihrerseits mit Zinssenkungen nach.

Der Deutsche Diskontsatz beträgt ab heute 4,5 Prozent, der Lombardsatz 6,0 Prozent. Das ist der niedrigste Stand seit April 1989. Mitte 1992 waren Diskont- und Lombardzins auf 8,75 und 9,75 Prozent geklettert. Seither hätten sich jedoch „die Stabilitätsperspektiven“ derart verbessert, ließ der Zentralbankrat verlauten, daß eine „allmähliche Auflösung des Liquiditätsstaus“ angezeigt sei. Investitionen sind den Währungshütern zur Zeit wichtiger als die Stabilität der D-Mark.

Theo Waigel mißverstand das Signal prompt als Wahlkampfhilfe. Die Bundesbank trage seiner „erfolgreichen Konsolidierungspolitik Rechnung“, meint der CSU-Finanzminister. Der liberale Wirtschaftsminister Rexrodt warnte dagegen den Kabinettskollegen vor billiger gewordenen Wahlgeschenken. Die öffentlichen Haushalte, so Rexrodt, müßten weiter konsolidiert werden.

In Kreisen der Großbanken hat vor allem das Ausmaß der Zinssenkung überrascht. Man hatte einen weitern „Trippelschitt“ von 0,25 Prozentpunkten erwartet – den dritten in diesem Jahr. Nur der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat den Weitsprung uneingeschränkt begrüßt. Offenbar hofft die Großindustrie, daß private Sparguthaben nun wieder in Aktien angelegt werden. Die Mittelständler des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT) dagegen glauben nicht, daß sie von diesem Effekt profitieren können. Sie befürchten, daß die Inflation angeheizt werde, zumal wachsende Steuern den Mittelstand zur Zeit mehr belasteten als die Kapitalzinsen, so das Argument der Dachverbände des Handwerks und des Großhandels.

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