: Hand oder Bein, was darf's sein?
■ Universität und leere Kassen - Hamm-Brücher moderiert zwischen Lüthje und Hajen / „Ich habe auch schon Eier abgekriegt“ / Von Andrea Hösch
Der Schlagabtausch, den sich Uni-Präsident Jürgen Lüthje und Wissenschaftssenator Leonhard Hajen liefern, schallt zwischendurch wie kräftige Ohrfeigen. Dabei wollen beide angeblich dasselbe: das Beste für die Uni. Nur gut, daß die „Unabhänigen Liberalen Hamburg“ neben den beiden Streithähnen noch eine erfahrene, grauhaarige Dame eingeladen haben, die das ganze etwas gelassener nahm - die Präsidentschaftskandidatin der FDP, Dr. Hildegard Hamm-Brücher, gestern zu Gast in Hamburgs Streit-Uni.
Weil sie mit den aktuellen Hamburger Geschehnissen nicht so vertraut ist, läßt sie die beiden Kampfhähne bei der Podiumsdiskussion „Uni und leere Kassen“ erst mal gewähren. Eine Gelegenheit, die Lüthje nutzt, um vor rund 100 Studenten die umstrittene Absage des Uni-Jubiläums nochmal klarzustellen: Er habe die 75-Jahr-Feier in Abstimmung mit Voscherau abgesagt, weil das Rederecht - selbst bei härtestem Polizeieinsatz - nicht garantiert gewesen sei. Ob man eine solche Feier, bei der dann auch protestierende Studierende zu Wort kommen, nicht nachholen könne? fragt Hamm-Brücher und merkt nicht ohne Süffisanz an: „Ich habe auch mal ein paar Eier abgekriegt - ich hab's überlebt.“
Dann geht's zur Sache, sprich ums Geld. Nach dem Motto: weniger kann mehr sein, argumentiert Hajen: Die Kassen seien nicht leer, sondern knapp. Gespart werde überall, und außerdem „heißt eine kleinere nicht eine schlechtere Universität.“
Die zierliche Politikerin nimmt den Senator zunächst zwar in Schutz: „Ihm muß man schon zugestehen, daß er die Sparpolitik nicht aus Jux und Dollerei macht“, dann aber bezieht Hamm-Brücher klar Stellung für die Bildungspolitik: „Ich fordere Reformen ein - allerdings auch das dafür nötige Geld.“ Sie fügt hinzu - und dafür ist ihr der Beifall des Auditoriums sicher: „Die Kürzungen scheinen mir in der Tat für die Uni nicht verkraftbar zu sein.“
So sehr Lüthje bis dahin die Ausführungen des Senators mit Kopfschütteln begleitet hat, so sehr nickt er nun bei diesen Worten der Präsidentschaftskandidatin, fängt seinerseits an, das geplante Stellenstreichkonzert aufzutischen, das die Uni „nicht ohne schwerstwiegende strukturelle Schäden überstehen würde.“ Dabei erbost ihn besonders, daß die Uni selbst vorschlagen soll, wo gespart werden könne: „Das ist, wie wenn sie einem Menschen sagen, ich muß ihnen ein Glied abhacken. Sie haben die Wahl: die Hand, das Bein - oder was darf's sein?“ Statt eines so blutigen Gemetzels befürwortet Lüthje einen Globalhaushalt, über den die Uni in eigener Regie entscheiden kann.
Immer wieder besänftigt Hamm-Brüchers Schmunzeln die Atmosphäre im Ring, in dem die Schlagworte Wirtschafts- contra Wissenschaftsstandort oder Priorität Bildung contra Sozialpolitik gegeneinander antreten. Noch mehr als ihr Lächeln aber entspannt der nach Bonn geschobene Schwarze Peter die Situation: „Wir sind am Ende unserer Hochschulfinanzierung“, konstatiert Hamm-Brücher, der Bund dürfe sich nicht länger aus der Verantwortung stehlen.
Zur Versöhnung verteilt die liberale Politikerin zum Schluß noch ein Bonbon für alle: Da sie Voscherau gut kenne, werde sie gelegentlich mit ihm mal ein paar Takte über die Misere an der Uni reden.
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