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Ein stinkendes Schiff wird kommen

■ Müllschiff aus Singapur kommt nach Bremen und bringt Aufklärung über illegalen Abfallexport

Ein Schiff wird kommen, und es wird gewaltig stinken. Die versammelte deutsche Müllwirtschaft blickt derzeit gespannt nach Bremerhaven, wo am kommenden Mittwoch deutscher Plastikmüll aus Singapur zurückkehrt. Nach der Untersuchung der Ladung wird sich zeigen, ob es nur der Müll ist, der an der Affäre schlecht riecht oder ob ein Müllschiebeskandal ruchbar wird. Die 45 Container mit insgesamt etwa 1000 Tonnen stinkenden Plastikmülls waren Anfang des Monats von der Polizei in Singapur beanstandet und nach Bremerhaven zurückgeschickt (die taz berichtete) worden – return to sender.

Absender der Müllfracht ist die Entsorger-Firma „Rethmann-Plano“ im Münsterland. Die hat sich dem Bremer Umweltsenator gegenüber inzwischen verpflichtet, den Müll zurückzunehmen und für Rücktransport und Verwertung in Deutschland zu zahlen. Ob Rethmann aus der Affäre unbeschadet herauskommt, ist fraglich: Die „Deutsche Gesellschaft für Kunststoff-Recycling“ (DKR), vertraglicher Kunststoff-Abnehmer von Rethmann, prüft derzeit juristische Schritte gegen die Firma. Und in Bremerhaven steht die Polizei bereit, um Ermittlungen zu beginnen. Denn entweder hat der Absender der Ladung versucht, deutschen DSD-Müll auf anderen als den vorgeschriebenen Wegen zu entsorgen oder er hat Abfall als DSD-Müll deklariert, der diesen Anforderungen nicht enspricht.

Seit die Wohlstandsberge in den Himmel wachsen, ist die Entsorgung ein lukratives und unübersichtliches Geschäft. Der Exportmüll, der derzeit wieder Kurs auf Bremerhaven hält, wurde von Rethmann 1992 in den neuen Bundesländern gesammelt und bei der Firma „ConTec“ bei Nienburg gelagert, weil es an Kapazitäten für die von der Verpackungsordnung geforderten „stofflichen Verwertung“ fehlte. Als „ConTec“ pleite ging, fiel der Müll an Rethmann zurück. Ein Teil des Stoffes wurde über Rotterdam mit Hilfe des niederländischen Müllschiebers Ivo Besselsen und seiner Firma „Beside B.V.“ auf Nimmerwiedersehen exportiert – der Rest ging über Bremerhaven auf See in Richtung Manila. Bestimmungsort war die „United Vinyl Cooperation“ in der philippinischen Hauptstadt. Als das Zeug in Singapur umgeladen werden sollte, fehlte die Importgenehmigung für die Philippinen. Als diese auf mehrmaliges Drängen nicht nachgereicht wurde, trat der Müll die Heimreise an. Die Ladung war als „mixed plastic scrap“ und als deutscher DSD-“Wertstoff“ deklariert, der auf den Philippinen „stofflich verwertet“ werden sollte. Deutsche Joghurtbecher, Shampooflaschen und Zahnpastatuben werden in Südostasien zu Plastikgranulat zermalen und zu Rohrleitungen oder Plastiksandalen weiterverarbeitet. Allerdings landen laut einem Bericht des „Spiegel“ auch bis zu 25 Prozent der Ladungen auf den Müllkippen.

Den Schwarzen Peter für den Export der Mülladung schieben sich die DKR und Rethmann gegenseitig zu. Klaus-Michael Andreas von Rethmann gibt zu, daß es einen „Schuß in den Ofen“ gegeben habe: „In Bremerhaven ist an dem Transport keine SGS-Prüfung durchgeführt worden“. Diese Prüfung soll sicherstellen, daß die Frachtscheine mit den Inhalten der Container übereinstimmen. Verantwortung für den Transport lehnt Andreas aber ab: „Wir sortieren den Müll, die DKR holt ihn ab.“

„Das stimmt nicht“, widerspricht Michael Scriba von DKR. In der Regel sei das zwar der Fall, aber nicht in dieser Angelegenheit. „Dieser Transport ist nicht von uns in Auftrag gegeben worden, sondern eigenmächtig und gegen bestehende Verträge abgewickelt worden. „United Vinyl Cooperation“ in Manila steht auch nicht auf unserer Lieferliste, weil die Geschäfte mit Besselsen machen. Ich verstehe das nicht.“

Nun wartet alles gespannt auf das Schiff, das nächsten Mittwoch im Bremerhaven landen soll. Die Ladung wird auffallen: Neben dem Interesse der Medien dürften sich vor allem die Augen und Nasen des Gesetzes für die tausend Tonnen verschimmelten Plastikmülls interessieren. Bernhard Pötter

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