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US-Außenminister mit Geschenkliste in Nahost

■ USA und Israel wenden sich Syrien zu

Tel Aviv (taz) – Nach nur zweiwöchiger Pause ist US-Außenminister Warren Christopher am Wochenende erneut in den Nahen Osten gereist. Diesmal will er die israelisch-syrischen Verhandlungen über eine Lösung im Golan vorantreiben. In Damaskus konferierten Christopher und sein Nahost-Sonderbeauftragter Dennis Ross gestern mit dem syrischen Präsidenten Hafez Al-Assad. Heute abend ist er mit Rabin und Peres in Tel Aviv verabredet. Jetzt soll die Tagesordnung für die nächste Runde der bilateralen arabisch- israelischen Verhandlungen in Washington festgelegt werden.

Christopher kommt nicht mit leeren Händen. Für seine syrischen und israelischen Gesprächspartner hat er eine Art Geschenkliste im Gepäck. Sie enthält Vergünstigungen, die Washington anbietet, wenn die beiden Staaten der US- Initiative folgen. Israel soll ein wertvolles „Sicherheitspaket“ in Form zusätzlicher moderner Waffensysteme erhalten; außerdem hat Christopher eine noch engere Zusammenarbeit mit den US-Sicherheitsbehörden anzubieten.

Auch Syrien wird bedacht. Für entsprechendes Entgegenkommen in den Verhandlungen und für die Erfüllung israelischer Forderungen nach Einschränkung der Tätigkeit palästinensischer und islamischer Oppositionsgruppen kann Damaskus nicht nur erwarten, von der US-Liste der „terroristischen Staaten“ gestrichen zu werden. Assad könnte dann auch mit Krediten und anderen wirtschaftlichen Vorteilen rechnen.

Michael Eisenstadt, Militärexperte im einflußreichen „Washington Institute“, nannte Punkte eines israelischen „Verhandlungspakets“, über das Christopher derzeit mit Syrien verhandelt. Nach Eisenstadts Angaben verlangt Israel, daß seine Radarstationen und andere militärische Kontroll-Installationen im Hebron-Gebirge und am Golan noch viele Jahre bestehen bleiben. Demilitarisierte Zonen sollen symmetrisch auf beiden Seiten der jetzigen syrisch-israelischen Waffenstillstandslinie liegen – im Golan selbst und in der syrischen Ebene Richtung Damaskus. Israel wünscht zudem, daß die vorgeschlagenen internationalen Friedenstruppen im Golan sehr klein sind und nur symbolischen Charakter haben. Wasserressourcen im Golan sollen von Israel und Syrien gemeinsam verwaltet werden. Der Rückzug aus dem Golan soll fünf bis acht Jahre dauern.

Nach dem Zustandekommen der „Gaza-Jericho-Teilautonomie“ glauben Washington und Israel jetzt, sich ausschließlich der „syrischen Front“ widmen zu können. Im US-State Department ist man ohnehin der Meinung, daß der Schlüssel zur Lösung des Nahostkonflikts in einem Ausgleich Israels mit dem mächtigen Syrien liegt. Doch angesichts der ungelösten Probleme in der Westbank könnte sich diese Annahme schon bald als unzutreffend erweisen. Amos Wollin

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