: Brandanschlag auf Flüchtlingsheim
■ Unbekannte zündeten Fassade einer Unterkunft in Wellingsbüttel an / Staatsschutz ermittelt / Noch keine Hinweise auf Täter Von Kai von Appen
Erneuter Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Hamburg: Drei Tage nach der Brandattacke auf das Zimmer eines somalischen Ehepaares am Osdorfer Born haben in der gestrigen Nacht bislang unbekannte Täter versucht, das Containerdorf Schulteßdamm 18 in Wellingsbüttel anzuzünden. Ein Bewohner konnte das Feuer rechtzeitig löschen. In der Unterkunft leben 31 Personen - unter anderen Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien und Moldavien.
Die Brandstifter hatten sich gegen 1.15 Uhr zu den Wohncontainern auf dem Gelände der Freiwilligen Feuerwehr geschlichen, Benzin gegen die Holzfassade gegossen und es angezündet. Die Flammen verbreiteten sich sofort auf einer Fläche von sechs Quadratmetern. Durch Zufall wurden Bewohner auf das Feuer ausmerksam. Ein 31jähriger Flüchtling ergriff einen Gartenschlauch und konnte die Flammen noch vor Eintreffen der Feuerwehr löschen.
Untersuchungen des Tatorts brachten keine Hinweise auf die Täter. Polizeisprecher Jens Buck: „Es wurden keinerlei Bekennerschreiben oder rechte Schmierereien entdeckt.“ Auch wie das Feuer konkret entfacht wurde, ist noch unklar. „Es sind keine Tatwerkzeuge gefunden worden. Fest steht aber, daß Brandbeschleuniger benutzt wurde“, so Bucks Kollege Mike Wenig am gestrigen Abend. Auch bei der Durchsuchung eines nahen, 400 Quadratmeter großen Waldstückes durch BereitschaftspolizistInnen fanden sich keine Spuren von den Brandstiftern.
Im Gegensatz zu dem Anschlag von Osdorf, wo die Polizei vom groben Unfug Jugendlicher ausgeht, weil das Feuer durch Knallkörper entfacht wurde, nehmen die Fahnder den Wellingsbüttler Fall ernst. Wenig: „Der Staatssschutz, Abteilung Rechtsextremismus, hat die Ermittlungen übernonmmen.“ Grund: Wenn das Feuer nicht zufällig entdeckt worden wäre, hätte es leicht Tote und Verletzte geben können. Und: In den vergangenen Tagen wurde die Polizei zwei Mal alarmiert, weil sich rechtsradikale Skinheades in umittelbarer Umgebung der Unterkunft zu schaffen machten. Wenig: „Wir sind dann jeweils mit mehreren Streifgenwagen hingefahren, konnten aber keine Feststellungen machen.“ Im Klartext: Die Skins waren abgetaucht.
Unruhe wegen Ausländerhatz herrscht unterdessen auch im schleswig-holseinischen Preetz. Schüler des örtlichen Fachgymnasiums berichten, daß ein Gemeinschaftskundelehrer im Unterricht geäußert habe, „daß ihm sechs tote Türken lieber seien, als sechs Millionen Arbeitslose.“ Eine Teilnahme an einer Filmvorführung von „Schindlers Liste“ habe er abgelehnt, weil er sich sein „Deutschtum nicht verderben lassen“ wolle. Der Ausländerbeauftragte des Kreises Plön, Thomas Piepgras, hat eine Untersuchung angeordnet.
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