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Menschenrechte außen vor

■ SPD, Opposition und amnesty international (ai) kritisieren Weltmetropolenkonferenz: Menschenrechte war kein Thema

Schwerer Vorwurf gegen Eberhard Diepgen gestern am Rande der Weltmetropolenkonferenz: Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) warf dem Regierenden Bürgermeister vor, eine Liste mit in China verhafteten Oppositionellen „für die Innenpolitik mißbraucht“ zu haben. Ai-Vertreter zeigten sich verärgert, weil im Streit um die Städtepartnerschaften mit Peking und Jakarta aus einem an den Regierenden gerichteten Brief verfälschend zitiert worden sei. CDU-Fraktions-Chef Landowsky hatte vor dem Parlament behauptet, amnesty habe sich in diesem Brief für Diepgens Engagement für die Menschenrechte in Peking bedankt. Offenbar hatte Landowsky damals beabsichtigt, so die SPD, der Opposition bei ihrer Kritik an Diepgens Asienreise den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Es stimme zwar, sagte gestern Uwe Alter von ai, daß sich seine Organisation in einem Brief bedankt habe. Dieser Dank galt aber nicht Diepgens Engagement vor Ort, über das ai nicht informiert worden sei, berichtete China- Koordinator Dirk Pleitier, sondern dafür, daß sich der Regierende vor Antritt seiner Reise für eine Liste mit Namen freizulassender Gefangener in China interessiert habe.

Anlaß der von SPD und Neuem Forum initiierten Pressekonferenz war die gestern zu Ende gegangene Weltmetropolenkonferenz, auf der 26 Millionenstädte vertreten waren. Ai, terres des hommes und „Watch Indonesia!“ bezeichneten es zusammen mit SPD und Neuem Forum als Skandal, daß die Frage der Menschenrechte auf der Weltmetropolenkonferenz „keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt hat“. Bei Reisen offizieller Berliner Delegationen in Partnerstädte sollten Vertreter von sogenannten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zukünftig beteiligt sein. In einem Brief an Pekings Bürgermeister Li Qiyan forderte SPD-Fraktionschef Ditmar Staffelt, die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen einzuhalten.

Der Gründer der Gipfelkonferenz, Tokios Bürgermeister Shunichi Suzuki, sagte gestern nach Ende der Konferenz, daß die Menschenrechte nicht zur Debatte gestanden hätten, weil das Thema nicht vorgeschlagen worden sei. Diepgen hatte in dieser Sache einen Brief an Pekings Bürgermeister übergeben. In dem von Bündnis 90/Die Grünen verfaßten Schreiben wird die Freilassung von drei Oppositionellen gefordert. Diepgen war sich sicher, daß Pekings Bürgermeister die drei Fälle prüfen wird. Ob es nach der amnesty-Liste, die Diepgen vor wenigen Wochen in Peking übergeben hatte, zu Freilassungen gekommen war, wollte Diepgen nicht beantworten.

Die Vorwürfe von ai wies Diepgen zurück. Er habe nicht aus dem an ihn gerichteten ai-Brief zitiert. Auch wenn er sich nicht an den genauen Wortlaut erinnern könne, meinte der Regierende Bürgermeister, sei die Dankesbekundung allgemein gehalten gewesen. Dirk Wildt

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