piwik no script img

Grüne Punkte wieder auf Abwegen

Die für Plastikverwertung verantwortliche DKR wußte angeblich nichts über einen Transport auf die Philippinen / Sollte wieder Müll illegal abgelagert werden?  ■ Aus Bremerhaven Bernhard Pötter

Bremen (taz) – Das Image der deutschen Plastikmüllkutscher hat eine weitere kräftige Schramme abbekommen. Denn offensichtlich kann auch die „Deutsche Gesellschaft für Kunststoff-Recycling“ (DKR) den Export von Grünem- Punkt-Müll nicht kontrollieren: Mindestens 900 Tonnen DSD- Müll sind von einem privaten Entsorger, der Firma Rethmann aus dem Münsterland, an der DKR vorbei mit Ziel Philippinen verschifft worden. Ob dort eine Verwertungsmöglichkeit nach Anforderungen der deutschen Verpackungsverordnung besteht, ist ebenfalls unsicher. Der Verdacht: Der DSD-Müll sollte illegal nach Manila auf die Deponie gebracht werden.

Ruchbar wurde der potentielle Müllskandal vor etwa zehn Tagen, als die Behörden von Singapur, wo umgeladen werden sollte, die Mülladung des Containerschiffes beanstandeten. Die entschieden „Return to Sender“, und gestern wurden die 45 Container voll stinkendem Plastikmüll in Bremerhaven unter den Augen von Presse, Behörden und Zoll geöffnet. Der Inhalt: sauber gepreßte Ballen von DSD-Müll, die aus alten Lagerbeständen der Firma Rethmann stammen.

Rethmann hat mit Hilfe einer Münchner Spedition und des in der Szene einschlägig bekannten niederländischen Müllschiebers „Beside B.V.“ aus Ermelo die Fracht nach Manila geschickt. „Alles legal“, meinte dazu der Sprecher des Unternehmens, Klaus-Michael Andreas.

Der Betrieb in Manila, die „United Vinyl Corporation“, habe schließlich eine Lizenz des deutschen TÜV zum Recycling von DSD-Müll. Das aber bestreitet die DKR energisch: „Die United Vinyl Corporation steht nicht auf der Liste der Firmen, mit denen wir zusammenarbeiten“, so Michael Scriba von der DKR.

Die DKR, Garantiegeberin gegenüber dem DSD für die saubere Abwicklung des Müllexports, ist für DSD-Plastikmüll der einzige legale Vertragspartner für die Entsorger: Transporte müssen über sie laufen. „Dieser Transport ist nicht von uns in Auftrag gegeben worden“, meint Scriba. „Er ist eigenmächtig und nicht vertragsgemäß abgewickelt worden.“

Die DKR prüft derzeit juristische Schritte gegen den Entsorger Rethmann. Denn für die Gesellschaft steht sehr viel auf dem Spiel: Gegründet wurde die DKR vor knapp zwei Jahren, weil ihre Vorläuferorganisation, die „Verwertungsgesellschaft Gebrauchte Kunststoffverpackungen“ (VGK) durch illegale Müllexporte massiv ins Zwielicht geraten war. Als Nachfolgerin der VGK sollte die DKR den angeschlagenen Ruf der Entsorgungs- und Recyclingbranche retten. Das ist offensichtlich aber nicht so einfach. Nun empört sich die DKR über das angebliche schwarze Schaf Rethmann. Die Münsteraner Firma ist aber selbst bei der DKR mit an Bord: Denn neben den Energieunternehmen sitzen auch die Entsorger in der DKR, Firmenchef Rethmann selbst sogar im Aufsichtsrat. Der trat vor zwei Wochen allerdings von seinem Posten zurück. Offizielle Begründung: Die DKR betreibe Monopolbildung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen