: Bremer Müll geht nicht auf große Recycle-Reise
■ BEB: Gelbe Säcke nur noch ins Inland
Eine peinliche Müllexport-Geschichte wie die der 45 Container aus Singapur wollen sich die Bremer Entsorgungs Betriebe (BEB) gern ersparen. Die Tatsache, daß im vergangenen Jahr Bremer Plastikmüll über Brandenburg nach China exportiert wurde, hat die Entsorger schon genug gewurmt. Deshalb haben die BEB ein Gutachten über die „Vewertung der Verpackungsmaterialien aus den Sammlungen des dualen Systems“ in Auftrag gegeben. Das Fazit: Kunststoffverwertung im Ausland ist nicht kontrollierbar und wegen langer Transporte nicht sinnvoll, das Recycling sollte im Inland stattfinden.
Konsequenz für die BEB: Ein Vertrag mit der „VDKU Gesellschaft für Materialbeschaffung“, einer Gruppe von 20 mittelständischen Verwertungsgebieten, die den Bremer Entsorgern das Recycling des Bremer Mülls in Deutschland garantieren. „Wir als Entsorger müssen Verantwortung und Einfluß auf die Verwertung ausüben“, meinte gestern der Betriebsleiter Abfallentsorgung bei den BEB, Richard Kluve.
Anders als die niedersächsichen Nachbarn haben die BEB immer offen zugegeben, mit ihrer Politik das Duale System zu stabilisieren. Trotz der Beinah-Pleite im letzten Sommer, trotz der Reduktion der DSD-Zahlungen um 20 Prozent und trotz der „Schmutzeffekte“ bei Müllschiebereien hat Kluve eine „grundsätzlich positive Haltung zum DSD“. Denn wenn das System kippen sollte, kippen die Verbraucher und der Handel den kommunalen Entsorgern für mindestens ein halbes Jahr Übergangsfrist den Dreck vor die Füße.
Dazu wird es aber wohl kaum kommen. Die von den Ländern erteilte „Freistellungserklärung“, mit der der Handel von der Rücknahmepflicht für die Verpackungen befreit wird, läuft zwar Ende Mai aus. In Niedersachsen wird noch gepokert: Umweltministerin Griefahn hat dem DSD „schlampige Arbeit“ vorgeworfen und will den Nachweis, wo 60.000 verlorene Tonnen Kunststoff geblieben sind. Verweigern wird aber auch Niedersachsen die Genehmigung wohl kaum – Es fehlt einfach an einer echten Alternative zum Dualen System.
Bremen hat bereits angekündigt, den Bescheid für ein weiteres Jahr befristet zu erteilen. Dann will man bei der Umweltbehörde sehen, ob die Daten des DSD eine Einhaltung der Mitte 1995 stark steigenden Quoten für Sammlung und Entsorgung plausibel erscheinen lassen. Diese Qouten werden ohnehin wahrscheinlich gesenkt, weil ihnen nach Angaben der BEB „absurde und falsche Berechnungen“ zugrunde liegen. Für das kommende Jahr werden die BEB jedenfalls erst einmal die Sammlung von Glas, Papier und Kunststoffen ausweiten. Neue Container sollen die Stadt bevölkern, insgesamt soll die zahl der Standplätze in Bremen von 200 auf 450 im Jahr 1995 anwachsen. Ab Oktober sollen Papier und Gelbem Sack an einem gmeinsamen „Wertstofftag“ eingesammelt werden. Die Quoten der Verpackungsverordnung für das Sammeln von Glas und Kunststoff, die im letzten Jahr wegen des verspäteten Anfangs der Sammlerei nicht erreicht wurden, sollen 1994 angepeilt werden. Ganz schaffen wird man die „unrealistischen Zahlenvorgaben“ aber nicht, meint Gerhard Schreve-Liedtke von den BEB: „Es gibt den Punkt, wo due Verpackungsverordnung aus– und der gesunde Menschenverstand einsetzt.“ bpo
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