: Spenden für Opfer rassistischer Gewalt gesucht
■ Berlinerin will zusammen mit anderen einen zum Krüppel geprügelten Türken unterstützen / Der Mann ist auch ein Justizopfer, denn er erhält keine Entschädigung
Wenn es um Hilfe für die Opfer fremdenfeindlicher Angriffe geht, siegen meist Bequemlichkeit oder Geiz. Doch die 43jährige promovierte Soziologin Eva Koch-Klenske aus Berlin gibt die Hoffnung nicht auf: Über Kleinanzeigen in der taz sucht sie seit Wochen 19 Menschen, die so wie sie dazu bereit sind, einem Türken aus Köln auf Dauer monatlich jeweils 50 Mark zu spenden.
Der Mann, der von einem betrunkenen Deutschen zusammengeschlagen wurde, ist seitdem schwerbehindert. Eine „Heiden- Wut“ habe sie gehabt, nachdem sie einen Zeitungsartikel (taz, 29.3.94) über die Geschichte von Ahmed A. gelesen hatte, und sofort gedacht: „Da müßte man helfen.“
Der 32jährige Mann ist nicht nur Opfer eines rassistischen Angriffs gewesen, sondern auch der deutschen Justiz. Obwohl das Opfer-Entschädigungsgesetz nach dem Anschlag in Solingen geändert wurde und seit Januar 1993 auch Hilfe für Ausländer vorsieht, geht Ahmed A. leer aus. Laut Gesetz müssen die Mißhandlungen nach dem 30. Juni 1990 stattgefunden haben, Ahmed A. wurde jedoch schon im Januar 1989 zum Krüppel geprügelt. So lebt die achtköpfige Familie A. heute von knapp 1.600 Mark Berufsunfähigkeitsrente, zu der noch Kinder- und Pflegegeld sowie 400 Mark von Ahmeds früherem Arbeitgeber hinzukommen.
„Acht Personen leben da in einer 65 Quadratmeter großen Wohnung“, berichtet Eva Koch-Klenske. Dazu komme, daß die Kinder aufgrund miserabler Wohnverhältnisse chronisch krank seien, unter Asthma und Allergien litten. Gleichzeitig fehle es dem Vater an therapeutischer Betreuung. „Und der Staat hilft nicht.“ Eine einmalige Geldspende sei von „Aktion Cura“, einer Hilfsorganisation für die Opfer rassistischer Angriffe, gekommen. Und es gebe in Köln eine Initiative „Zukunft in Gemeinschaft“, mit der sie Kontakt aufgenommen hätte. Diese Gruppe versuche Spenden für die Familie A. zu sammeln und ihr eine Wohnung zu beschaffen. Doch die Resonanz, weiß Eva Koch-Klenske, sei nicht sehr hoch. Deshalb bleibe sie bei ihrer Idee, auch in Berlin aktiv zu werden: 50 Mark im Monat, so ihre Meinung, könnten bestimmt viele Leute entbehren. Bei 20 Leuten kämen dann immerhin 1.000 Mark zusammen. „Das heißt für 20 Leute zweimal weniger Essen gehen und dafür zu Hause kochen“, während Familie A. eine Therapie für den Vater, eine Wohnungsrenovierung oder gar eine größere Wohnung bezahlen könnte. Es gehe dabei aber nicht um eine mildtätige Gabe, um einen Akt der Barmherzigkeit, betont sie immer wieder, sondern um ein Stück praktizierter Solidarität gegen Rassismus. Sicher könne man „so allgemein antirassistisch“ sein, auf Demos gehen, doch der Soziologin ist das zu „abstrakt“. Ihr gehe es darum, persönliche Verantwortungsbereitschaft zu zeigen, mit einem angenehmen Nebeneffekt: „Ich bekomme ein freundliches Dankeschön von den Leuten, das motiviert mich. Wenn ich anonym spende, muß ich mir immer selber auf die Schulter klopfen.“
Aber ihr Anliegen scheint bei den Berlinern auf taube Ohren zu stoßen. Bisher hat noch keiner auf die Anzeige reagiert und Spenden angeboten. „Entweder haben das wenige gelesen, oder die Leute sind zu geizig“, vermutet Eva Koch-Klenske. Und beinahe trotzig fügt sie hinzu: „Ich werde weitermachen. Wenn ich nur sieben Leute finde, die 30 Mark spenden, dann ist das zwar enttäuschend, aber besser als nichts.“ Judith Gampl
Kontakt: Eva Koch-Klenske, Tel. 323 12 25
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