: Klassenprimus pflegt lädiertes Image
■ Auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank in Düsseldorf mußte Vorstandschef Hilmar Kopper gestern vor gut 4.000 Aktionären ausführlichst auf die vom Bankhaus gestützte Milliarden-Pleite des...
Auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank in Düsseldorf mußte Vorstandschef Hilmar Kopper gestern vor gut 4.000 Aktionären ausführlichst auf die vom Bankhaus gestützte Milliarden-Pleite des flüchtigen Baulöwen Schneider eingehen
Klassenprimus pflegt lädiertes Image
„Auf der einen Seite sind die Banken zu clever, zu ausgekocht, zu raffgierig und überhaupt: Gebührenschneider. Auf der anderen Seite stellen sie sich dumm an und naiv, wenn Blender, Betrüger und Nieten am Werk sind und sofort enttarnt werden müßten.“ Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank AG, Hilmar Kopper, sieht seine Bank, den „Klassenprimus“ der Branche, am Standort Deutschland einem „Scherbengericht“ ausgesetzt – und vergoß deshalb auf der Hauptversammlung der „führenden Bank in Europa“ (Kopper) gestern in Düsseldorf reichlich Krokodilstränen.
Das Debakel bei der Metallgesellschaft, die (Fast-)Pleite der Südmilch AG und aktuell die für die Deutsche Bank peinliche Affäre um die Schneider GbR und die Schneider AG – alles „Peanuts“? Für Kopper grassiert in den harten Zeiten der Rezession in Deutschland die „Seuche der Schwarzmalerei“. Anstatt das beste Ergebnis, das die Bank in ihrer Nachkriegsgeschichte erzielt habe, entsprechend zu würdigen, gebe es in Deutschland offenbar „kein größeres Stigma als das des Profits“, sagte Kopper unter dem Beifall der gut 4.000 Groß- und Kleinaktionäre in der Düsseldorfer Stadthalle, die sich über eine Dividende von 16,50 Mark pro 50-Mark-Aktie freuen durften. Und Kopper wußte auch zu berichten, warum die Banken gerade in Deutschland nicht als „Quelle allgemeinen und persönlichen Wohlstandes“ wahrgenommen würden: „Wirtschaftlicher Fortschritt ist für die Deutschen nur etwas, was sie anfassen können, was Geräusche macht wie im Zeitalter der industriellen Revolution.“ Und da hätten die Banken halt nicht viel zu bieten.
Doch Klappern gehört auch für Kopper zum Handwerk: Weil auch von renommierten AktionärsvertreterInnen ein Imageverlust – und ein Kursverlust an der Börse – für die Bank konstatiert wurde, mußte Kopper für den Vorstand doch noch eine ausführliche Erklärung zum Komplex Schneider vortragen. Darin heißt es, daß die Deutsche Bank weder Finanzier des untergetauchten Baulöwen noch dessen Hausbank gewesen sei. Gemeinsam mit der Tochter Deutsche Centralboden habe man insgesamt acht der rund 80 Immobilienobjekte der Gruppe Schneider finanziert. In „mindestens einem Fall“ sei ein Kredit an Schneider aufgrund von manipulierten Unterlagen und gefälschten Mietverträgen ausgeschüttet worden. Und das, so Kopper, sei Anlaß für die Erstattung einer Strafanzeige gegen Schneider durch den Vorstand gewesen.
Größere finanzielle Auswirkungen durch die Affäre Schneider erwartet Kopper nicht. Einen schlappen Wertberichtigungsbedarf von 500 Millionen Mark hat der Vorstand schon in der Vorschau auf das Ergebnis 1994 der Risikovorsorge zugeschlagen („Schneider- Vorsorge“). Und an allen Objekten habe sich die Bank „erstrangige Grundpfandrechte“ gesichert. Großzügig konnte Kopper deshalb die Fertigstellung von drei noch im Bau befindlichen Immobilienobjekten in Ostdeutschland ankündigen und den daran beteiligten Handwerksbetrieben die Begleichung von offenen Forderungen für erbrachte Leistungen versprechen.
Die „Großzügigkeit“ ist nicht zuletzt der „großartigen Bilanzsumme“ (Kopper) der Deutschen Bank geschuldet. 557 Milliarden Mark hat die Deutsche Bank im vergangenen Jahr umgesetzt – das läßt sich nur noch mit dem Volumen des Bundeshaushalts vergleichen. Da bleibt ein Jahresüberschuß von 2,2 Milliarden Mark (nach Steuern) in den Geldspeichern des Bankhauses in Frankfurt am Main. Wie das alles erreicht wurde, sagte Kopper an einer ganz anderen Stelle seines Vorstandsberichts: „Es gibt eben keine besondere Ethik des Bankgeschäfts. Wer an der Wirtschaft teilhat, muß sich an allgemeingültigen Maßstäben messen lassen.“ Klaus-Peter Klingelschmitt,
Düsseldorf
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