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Sonst noch Probleme? -betr.: "Wir fordern die Räumung", taz vom 18.5.94

Betr.: „Wir fordern die Räumung“, taz v. 18.5.

Ich habe ein Jahr lang in unmittelbarer Nachbarschaft der 372 gewohnt. Die Lärmbalästigung war fürwahr nervenzermürbend. Ich meine die 2-3 m Abstand vorm Haus verbeidonnernden Straßenbahnen und die auf holprigem Pflaster dahinbretternden Autos. Dabei wohne ich noch nach hinten raus. Welche Beschwerden NachbarInnen führen, sagt auch über sie selbst etwas aus. Die angebliche Lärmbelästigung durch die Frauen in der 372 ist für mich wohl unter dem enormen Lärmpegel des städtischen Verkehrs, der bis in die Wohnung und meinen dort anwesenden Körper hineinvibrierte, untergegangen. Ich habe sie nämlich nicht mitbekommen. „Lautstarke Konzerte“ und „nackt! duschende Frauen“ im Buntentorsteinweg! Sonst noch Probleme? Ich vermisse in der taz Bremen nicht selten die kritischen Bezüge auf die Psychodynamik der bürgerlich etablierten Welt in dieser Stadt. Spätestens die Klageführung der BürgerInnen über nackt im Garten duschende Frauen verdient zumindest einen Verdachsthinweis auf Intoleranz gegenüber Anderlebenden und Projektion von Leuten, die an anderen innere Freiheiten bekämpfen, die sie vielleicht selbst gerne leben würden, sich aber nicht trauen. Oft habe ich den Eindruck, daß die taz Bremen in ihrer tendenziell beschaulichen Brementümelei sich scheut, gewisse Zusammenhänge zu benennen. Die Bremer BürgerInnen, einschließlich der alternativen Szene und ihrer Nachbarschaftsinitiativen, sind doch nicht frei von ausgrenzender Selbstfälligkeit und etablierter Spießbürgerlichtkeit? oder? Unter dem Deckmantel von BürgerInneninteresse steckt hier die primitive Ausgrenzung Anderlebender, wenn nicht der sagenumwobene Triebstau. Ich gehöre nicht zur 372 und bin auch nicht in den Genuß ihrer Feten gekommen. Und das Umzu habe ich freiwillig verlassen. W. Voss

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