: Nordkorea: Diesmal keine Lüge
■ Wiener Atombehörde bestätigt Entnahme von Brennstäben aus Yongbyon-Reaktor / Südkorea protestiert
Wien/Seoul (dpa/taz) – Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien hat erstmals bestätigt, daß Nordkorea entgegen den Vorschriften des Atomwaffensperrvertrages tatsächlich ohne jede Kontrolle mit der Entnahme der Brennstäbe an seinem Fünf-Megawatt-Reaktor in Yongbyon begonnen hat.
Da dieser Vorgang eine „ernsthafte Verletzung des Kontrollabkommens“ nach dem Atomwaffensperrvertrag darstelle, werde er dem Sicherheitsrat der UNO und dem Gouverneursrat der IAEO mitgeteilt, heißt es in einer gestern in Wien veröffentlichten Presseerklärung der Atombehörde. Gleichzeitig wurde das kommunistische Regime in Pjöngjang aufgefordert, doch noch einzulenken, die Entnahme der Brennstäbe zu stoppen und die geforderten Sicherheitsmaßnahmen zuzulassen.
Die Regierung von Nordkorea steht seit geraumer Zeit im Verdacht, die Entwicklung von Atomwaffen voranzutreiben. Pjöngjang hat dies stets dementiert. Bei der von der IAEO verlangten Analyse der verbrauchten Brennstäbe würde sich feststellen lassen, ob in dem Reaktor atomwaffenfähiges Plutonium gewonnen wurde.
Südkorea verurteilte die eigenmächtige Entnahme der verbrauchten Brennstäbe am Freitag als „ernste Verletzung“ der Sicherheitsbestimmungen. „Wir drücken Bedauern und Besorgnis über die Bestätigung des (Inspektoren-)Teams der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEO aus“, heißt es in einer vom südkoreanischen Außenministerium veröffentlichten Erklärung. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Yonhap erwägt die südkoreanische Regierung die Einschaltung des UNO-Sicherheitsrates, sollte Nordkorea nicht auf das neuerliche Verhandlungsangebot der IAEO eingehen.
Die drei Inspektoren der Wiener Atombehörde, die zur Zeit wegen anderer Kontrollen in Nordkorea sind, haben nach Angaben der UNO-Behörde bestätigt, daß mit dem Entfernen der alten Brennelemente begonnen wurde. Vertreter Nordkoreas hatten der IAEO dies bereits am 12. Mai mitgeteilt.
„Die Behörde ist zu dem Schluß gekommen, daß eine weitere Entnahme von Brennstäben die Möglichkeit der Behörde gefährden würde, die Sicherheitsmaßnahmen anzuwenden, die nötig sind, um festzustellen, ob in der Vergangenheit Kernbrennstoff abgezweigt wurde“, heißt es in der Presseerklärung. Nordkorea soll es unterlassen haben, die entfernten Brennstäbe besonders zu kennzeichnen. Das aber wäre die Voraussetzung dafür, daß die Inspektoren feststellen können, wieviel Plutonium Nordkorea beiseite geschafft hat.
Die IAEO hat nach eigenen Angaben vorgeschlagen, umgehend Vertreter nach Nordkorea zu entsenden, die noch mögliche und erforderliche Sicherheitsmaßnahmen erörtern sollen.
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