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Raus aus der Opferrolle

■ Ethnologin forderte gleichberechtigtes Verhältnis zu Migrantinnen Solidaritätsarbeit

„Migrantinnen brauchen unser richtiges Mitgefühl und kein Mitleid.“ Mit dieser Forderung wandte sich Jacqueline Crawford am Freitag vor gut 20 Zuhörerinnen im Frauenzentrum „Belladonna“ an die Solidaritätsarbeit europäischer Mittelschichtsfrauen mit Migrantinnen. Der Vortrag der Kölner Ethnologin, die seit neun Jahren bei „agisra“ (Arbeitsgemeinschaft gegen internationale sexuelle und rassistische Ausbeutung) arbeitet, richtete sich gegen die „Klischees im Denken und Verhalten“. Typisch dafür sei, daß die von ihr sogenannten „weißen Frauen“ immer wieder persönliche Motive wie z.B. die eigene Unterdrückung und die Suche nach der eigenen Sexualität auf Migrantinnen projizieren und damit deren Leben als eine Selbstverständlichkeit in unserer Gesellschaft verhindern.

„Weiße Frauen“ müßten sich stattdessen ihrer Privilegien und der daraus resultierenden Macht bewußt werden, forderte Crawford. Nur so könnten sie Macht an Migrantinnen abgeben und sie aus ihrer „Opferrolle“ entlassen. Erst im Kampf gegen das vorherrschende deutsche Frauenbild könnten andere Frauenbilder zugelassen werden.

Im Unterschied zu Ländern wie Holland, England oder der Schweiz, wo Migrantinnen in der Solidaritätsarbeit entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt würden und voll integriert seien, würden ihnen die Frauen in Deutschland noch immer mit Arroganz entgegentreten. Indirekt würde dabei die Auffassung unterstellt, die ausländische Ausbildung sei nicht der deutschen gleichzusetzen.

Während die anwesenden „weißen Frauen“ Crawfords Thesen geduldig anhörten, gab es Widerspruch bei einer der wenigen Migrantinnen im Publikum, als die Ethnologin forderte, auch einmal von freiwilliger Migration auszugehen: „Solche Diskussionen können sich nur ,weiße Frauen' in ihrer privilegierten Lage erlauben...“

G.Strauß

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