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Der Präsidenten-Automatismus funktioniert

■ Im Berliner Reichstag bestätigte sich gestern, wie parteidiszipliniert Wahlmänner wählen können / Der Ablauf zur Kür des neuen Bundespräsidenten war vorhersehbar

Berlin (taz) – „Ganz schön wenig Stimmen für Herzog“, kommentiert eine prominente Sozialdemokratin die erste Runde auf dem Weg zum neuen Präsidenten. Das klingt mutmachend. – „Sollte ich nicht zufrieden sein?“ kontert jovial und ein wenig verständnislos Roman Herzog die Frage, ob er nicht doch ein wenig mehr Unterstützung erwartet habe. Das klingt echt. Fünfzehn Stimmen ist Herzog unter der Fraktionsstärke der Union geblieben. Na und? Kein Traumergebnis, aber deutlich mehr, als daß sich dieser erste Wahlgang als Gesichtsverlust des Favoriten uminterpretieren ließe. Und deutlich mehr, als daß es noch einmal wirklich spannend werden könnte bei der ersten gesamtdeutschen Bundesversammlung.

Herzogs Andeutungen im Vorfeld jedenfalls, bei einem schlechten Ergebnis werde er die Kandidatur noch einmal überdenken, sind mittags im Berliner Reichstag gegenstandslos. Erleichtert applaudiert der Kanzler alle Restzweifel weg. Seinen zweiten Kandidaten wird er durchbringen. Die beträchtliche Zahl von Unionsabweichlern, die die SPD seit Wochen ausgemacht haben wollte, hat sich verflüchtigt. Wie auch immer es Kohl gelungen ist, den Laden neuerlich zusammenzuhalten, auf die Widerstandskraft enttäuschter Ost-CDUler war nicht zu bauen.

Was macht die SPD, hätte man fragen können, nachdem klar war, daß sich die Mobilisierungsfähigkeit ihres Matadors doch in Grenzen gehalten hatte. Nur drei Stimmen liegt Johannes Rau nach dem ersten Wahlgang über der Fraktionsstärke der SPD – trotz teurer Anzeigenkampagne und Appell an die Wahlmänner, doch dem populärsten Kandidaten ihre Stimme zu geben. Doch die SPD hat keine Strategie, außer ihrer schier grenzenlosen Fähigkeit zur Selbstsuggestion und der Hoffnung, daß sich am Ende doch noch das Gute durchsetzen werde.

Daß sich der zweite Wahlgang in diesem Sinne interpretieren ließe? Wohl kaum. Zwar gelingt es Rau, den Großteil der Grünen- Stimmen auf sich zu ziehen, nachdem Jens Reich nach dem ersten Wahlgang seine Kandidatur zurückgezogen hatte. Doch auch Herzog verbesserte sich und holte die 15 abtrünnigen Ost-CDUler, die vorher für Johannes Rau votiert hatten.

Derweil kämpft Jürgen Möllemann in der zweiten Auszeit seinen aussichtslosen Kampf für den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten. Er werde, so verkündet er unzählige Male, Überzeugungsarbeit für Rau leisten – und sich danach der Mehrheit beugen. Diese Mehrheit der FDP-Wahlmänner, die im ersten Wahlgang geschlossen für Hildegard Hamm- Brücher gestimmt hatten, liegt auf der Kinkel/Lambsdorff-Linie. Koalitionstreue ist alles. Daß Rau zu guter Letzt auf die Idee kommen könnte, zugunsten von Hamm- Brücher zurückzuziehen, löst bei der SPD nur Unverständnis aus. Johannes Rau geht bis ans Ende. Das hat sich Jens Reich, der von Bündnis 90/Die Grünen unterstützte unabhängige Kandidat, erspart. Er holte im ersten Wahlgang 19 Stimmen über die Stärke „seiner“ Fraktion – und hätte gehofft, „daß es noch ein bißchen mehr hätte werden können“. Letztlich, so Reich, habe sich doch gezeigt, daß im Reichstag „alles disziplinmäßig einwandfrei abgelaufen“ sei. „Es war nicht möglich, den Automatismus aufzubrechen.“ Eis

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