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Luxuswohnungen am Weserstadion

■ Neue Ostkurve und Wohnen am Wasser / Stadionausbau für viel Open-Air, Freibad gefährdet

Die Werder-Vereinsspitze plant eine Millioneninvestition am Weserstadion. Die Fans sollen endlich eine neue Ostkurve bekommen, mit überdachten Stehplätzen, VIP–Bereich, einer neuen Geschäftsstelle, Fan-Projekt, Nachwuchs-Internat und Fan-Shop. Den Neubau bezahlt der Verein, doch der will im Gegenzug das Stadion auf 20-25 Jahre von der Stadt pachten und auf eigene Rechnung vermarkten dürfen. Und er will die Erlaubnis für ein zweites großes Bauprojekt in direkter Nachbarschaft zum Weser-Stadion. Wo jetzt noch das schwer sanierungsbedürftige Freibad ist, will Werder gemeinsam mit der Firma Zechbau das Projekt Wohnen am Wasser verwirklichen: 150 Luxus–Eigentumswohnungen, ein integriertes Hallenbad mit Sauna und eine Tiefgarage mit 250 Einstellplätzen sollen dort entstehen. Das Freibad gäbe es dann nicht mehr. Acht bis zehn Millionen Sanierungsbedarf könnte Bremen sich schenken.

So war der Planungsstand bis gestern mittag. Seit es zu einem Gespräch zwischen Willi Lemke und Viertel-Bürgermeister Hucky Heck gekommen ist, kann sich der Manager auch ganz andere Modelle vorstellen. Lemke: „Heck hat signalisiert, wenn das Bad erhalten bleibt, ließe der Beirat möglicherweise mit sich reden. Wir suchen jetzt nach kreativen neuen Lösungen.“

In den kommenden 20 bis 25 Jahren könnten sich die BremerInnen dann über Rolling Stones und Placido Domingo satt freuen – sofern sie nicht in Hörweite zum Stadion wohnen. Der quirlige Werder–Vermarkter hätte freie Hand, allerlei Großveranstaltungen ins Weser-Stadion zu ziehen, um die Großinvestitionen wieder einzuspielen. In diesem Zeitraum würde dann die jährliche Abgabe von Werder an Bremen als Stadionbesitzer wegfallen: rund zwei Millionen Mark. Nach Ablauf des Pachtvertrages würde die Ostkurve dann nicht nur der Stadt gehören, sondern sie hätte auch das volle Verfügungsrecht über das Stadion zurück.

Noch liegen die Pläne in den Schubladen, aber Lemke versucht mit allerlei Gesprächen, die Investitionen politisch abzusichern. Den Wirtschaftssenator hat er hinter sich, seit ein paar Wochen hat der Bürgermeister höchstpersönlich die Oberhoheit über das Projekt übernommen. Für den 14.6. hatte Klaus Wedemeier die Senatoren aus den betroffenen Ressorts Umweltschutz und Stadtentwicklung, Inneres und Sport, Wirtschaft und Bau sowie die Investoren Zechbau und SV Werder geladen, damit die ihre Planungen präsentieren können. Doch aus dem Termin wird vorerst nichts. Wedemeier will abwarten, bis sich Sportsenator van Nispen von seinem Herzinfarkt erholt hat.

Dann wird neben dem vorgeschlagenen Deal wohl auch die Zukunft des Stadionbades erörtert werden müssen. Das ist dringend sanierungsbedürftig. Durch einen Riß im Becken versickert Wasser, beim Wasserwechsel wird immer noch in die Weser abgepumpt. Die Ausnahegenehmigung dafür gibt's nicht mehr lange. Weil das Becken mit der Tide aufschwimmt, müßte es höhergelegt und durch ein Edelstahlbecken ersetzt werden. Doch die nötigen acht bis zehn Millionen Mark kann Bremen nicht aufbringen. Andererseits hat das Stadionbad eine wichtige Funktion im hochverdichteten Stadtteil Östliche Vorstadt. Im innerstädtischen Vergleich ist nur das Horner Bad besser besucht. Wenn kein Geld da ist, ist die Verlockung der Großinvestition noch reizvoller, auch wenn der Beirat sich vehement für den Erhalt eingesetzt hat, und mit ihm Umweltsenator Fücks: „Keine Lösung ohne Stadionbad.“

Möglicherweise ist die Rettung doch näher, als die hohen Kosten suggerieren. Am Montag tagt der Aufsichtsrat der Gesellschaft für Öffentliche Bäder, und da soll es einen neuen Vorschlag geben: Eine notdürftige Sanierung für einen Betrag unter einer Million Mark. Nichts für die Ewigkeit, aber, so die Planung, das soll dann die nächsten zehn Jahre halten. J.G.

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