: Monster, Identitäten und Lustprinzipien
■ In den Deichtorhallen bemühen sich Planer und Architekten um Transparenz Von Uli Exner
Ungetüme haben etwas Sperriges. Wortungetüme. Behördenungetüme. Architekturungetüme. Vereint in ihrer ihrer Unüberschaubarkeit, die den Leser, Nutzer, Betrachter zurückschrecken läßt, Distanz produziert, Annäherung negiert, schon den Versuch des Begreifens behindert.
Unternommen wird dieser Versuch dennoch gelegentlich, in Zeiten zudem, in denen die Isolation des monsterhaft Erscheinenden immer wieder stärker zutage tritt und die abschreckende Wirkung der verschiedenen Ungetüme ihren Zweck ad absurdum zu führen droht.
Was liegt da näher, als wiederum vereint der Gefahr entgegenzutreten? Auf also, in die nördliche Deichtorhalle, wo sich ab heute Stadtentwicklungsbehörde (bürokratisches Wortungetümerster Klasse) und Bund deutscher Architekten gemeinsam bemühen, BürgerInnen-Nähe zurückzugewinnen.
Zwei Ausstellungen fließen ineinander – und korrespondieren ihrerseits mit der Schumacher-Ausstellung gleich nebenan: „Hamburg 2000“, die „dem Bürger einen direkten Einblick in die aktuelle Arbeit der Behörde geben“ soll (Oberbaudirektor Egbert Kossak). Und „Architektur für Hamburg“, mit der versucht werden soll „die Architektur als wichtigen Umweltbestandteil in das Bewußtsein der Öffentlichkeit zu tragen und das breite Engagement dafür zu fördern“ (Katalogtext).
Daß dabei Versäumtes nachzuholen ist, wird im Architektenteil nur allzu deutlich. Hamburgs Architektur der neueren Zeit erweist sich als unübersichtliche Ballung unübersichtlicher Büroklötze, deren Linien nur im Modell nachzuvollziehen sind. Erklärungsbedarf, der durch die assoziative Textführung der Ausstellung allenfalls bei einer elitären Minderheit gedeckt werden dürfte. Wer soll das denn bitte verstehen: „Identität städtischer Orte nach dem Lust-Prinzip, Hafenrand, Perlenkette: Übereinstimmung als Hafen nur noch inszeniert: von Baumwall bis Neumühlen, nur maritimes Allerlei, Museums-Schiffe, Schiffsmuseum ....“ Ein „breites Engagement“ dürfte so doch wohl kaum zu fördern sein.
Undankbarer noch die Aufgabe der Stadtentwicklungsbehörde: „Staatliche Planung transparent darzustellen“,da wird das Monster auch noch ungreifbar, muß geteilt werden, um auch nur die Chance theoretischer Erfaßbarkeit zu bekommen.
Und selbst dann kommt es noch unhandlich daher: Regionales Entwicklungskonzept, Stadtentwicklungskonzept, Flächennutzungsplan, Landschaftsprogramm, Stadtentwicklungsforum undsoweiterundsoweiterundsoweiter.
„Hamburg 2000“, so schreibt Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow, „bietet eine für die Bürgerinnen und Bürger wohl bislang einmalige Chance zu Information und Auseinandersetzung“ über die Zukunft der Stadt. Sie zu nutzen dürfte allerdings nicht eben leicht fallen.
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