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MG-Familiensilber wird verhökert

■ Die fast pleite gegangene Metallgesellschaft trennt sich von einigen ihrer lukrativsten Beteiligungen / Der Gemischtwarenladen soll auf wenige Bereiche konzentriert werden / 7.500 Jobs gehen verloren

Frankfurt/Main (dpa/taz) – Bei der nur knapp der Pleite entgangenen Metallgesellschaft AG (MG) steht nun das Familiensilber zum Verkauf. MG-Chef Kajo Neukirchen kündigte an, daß der Konzern sich von von einigen der lukrativsten seiner rund 600 Beteiligungen trennen werde. Der Autozulieferer Kolbenschmidt, der Heizungsbauer Buderus, der Spediteur Lehnkering in Duisburg und das MG-Gelände in bester Frankfurter Innenstadtlage stehen auf der Verkaufsliste. Vom Erlös sollen die Schulden abgebaut werden.

Nach Abschluß der Umstrukturierung wird die traditionsreiche Metallgesellschaft AG, die nach verlustreichen Öltermingeschäften ihrer US-Tochter zum Jahreswechsel vor dem Aus stand, völlig anders aussehen: Sie steuert dann nur noch als Holding die Geschicke des Konzerns, ist aber geschäftlich selbst nicht mehr aktiv. Die neue MG, die bislang wegen ihrer vielfältigen Firmenengagements häufig als Gemischtwarenladen verspottet wurde, will sich dabei auf die Sparten Handel, Anlagenbau, Spezialitätenchemie, Hütten und Metallbank/Finanzdienstleistungen beschränken.

„Was gut verkäuflich ist, wird angeboten“, kommentierte ein Banker die Veräußerungsabsichten. Mit dem von Neukirchen begonnenen Umbau – andere sprechen von der Zerschlagung der MG – ist ein rigider Belegschaftsabbau verbunden: Von 43.000 Stellen Ende September 1993 stehen 7.500 auf der schwarzen Liste. Viele Jobs sind schon weg.

Die von MG-Chef Kajo Neukirchen bekanntgegebenen Pläne zu Buderus und Lehnkering kommen insofern überraschend, als beide Unternehmen noch im Januar nicht auf der Verkaufsliste standen. Den Sinneswandel erklärt MG-Sprecher Volker Siegert mit dem Ergebnis einer Untersuchung, derzufolge beide Beteiligungen nicht zum Kerngeschäft passen. An Buderus (Jahresumsatz 2,8 Milliarden, Vorsteuergewinn 132 Millionen Mark, gut 10.000 Beschäftigte) ist die MG mit 80 Prozent beteiligt, an Lehnkering (Umsatz 704 Millionen, Jahresüberschuß knapp zehn Millionen Mark, 1.650 Mitarbeiter) mit 65 Prozent. Das Buderus-Management reagierte auf den angekündigten MG-Rückzug positiv: Der Verkauf der MG-Anteile über die Börse sei eine gute Grundlage für eine Fortsetzung der positiven Geschäftsentwicklung. Die Entscheidung sichere die Eigenständigkeit und Identität von Buderus.

Bereits getrennt hat sich die MG vom Stahlerzeuger Korf und der Tochter Methanex. Beide Unternehmen brachten rund 250 Millionen Mark ein und damit ein Viertel der mit dem „Ausverkauf“ angepeilten Milliarde.

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