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Krabat erntet im Sturm

■ Chancen für Windkraft im Osten

Jänschwalde (taz) – Auf der Bärenbrücker Abraumkippe weht ein steifer Wind. Krabat dreht seine Flügel und macht Strom. Im Dorf Bärenbrück gehen die Lichter an. Die Bärenbrücker sind stolz auf ihren Krabat. So hieß der sagenhafte sorbische Müllerbursche, der den Müllersleuten bei Flaute kräftig in die Mühlenflügel geblasen hatte. Zauberer war er und Philosoph. Seit Ostern zaubert Krabat sauberen Strom, inmitten der Kohlelandschaft und nur 800 Meter vor der qualmenden Nase des südbrandenburgischen Braunkohlekraftwerkes Jänschwalde.

Im Kraftwerk oder in den Tagebauen Jänschwalde und Cottbus- Nord haben die meisten der 210 BärenbrückerInnen noch eine Arbeit. Dort verheizen sie den Boden unter ihren Häusern. Das eigene Licht aber ernten sie mit 20 Meter langen, schneeweißen Windmühlenflügeln aus der Luft. „Krabat“, die 500-Kilowatt-Anlage auf der 35 Meter hohen Kippe, deckt den Strombedarf des Dorfes und wird bei gutem Wind in das Netz einspeisen. Bürgermeister Wilfried Neubert (CDU) sieht in der Anlage „ein Signal“. Die grüne Kippe solle für „sanften Tourismus“ erschlossen werden, mit der Mühle als „kleiner Attraktion“.

Jänschwalde mit seinen acht 500-MW-Blöcken ist der größte ostdeutsche Energieerzeuger. Jedes Jahr schluckt er 26 Millionen Tonnen Kohle, täglich 70 Güterzüge. Dabei säuft er 100 Millionen Kubikmeter Grundwasser. Von der Ausweitung des Tagebaus Jänschwalde betroffen ist das sorbische Dorf Horno mit seinen zum Widerstand entschlossenen BewohnerInnen. 18.000 Windmühlen müßten aufgestellt werden, um den benachbarten Kohlegiganten zu ersetzen.

Das will so natürlich niemand. „Uckerwind“-Geschäftsführer Jörg Kuntzsch, einer der Mühlen- Betreiber, macht eine realistischere Rechnung auf: „Zehn Prozent der Kohle-Energie durch Windkraft ersetzen und den Energiebedarf um die Hälfte reduzieren. Dann wären wir schon bei zwanzig Prozent Windanteil. Für den Rest bieten sich Solarenergie und auch kleine, dezentrale Kohlekraftwerke an.“ Der Strom-Müller ist zuversichtlich: Windkraft könnte in der Lausitz bald zu einem Wirtschaftsfaktor werden. Die Bärenbrücker Anlage haben schließlich Firmen aus Sachsen und Brandenburg aufgebaut.

Gilt Brandenburg bisher als Vorreiter der neuen Bundesländer bei der finanziellen Förderung regenerativer Energiequellen, so will Sachsen jetzt nachziehen. Ein vom Dresdener Umweltministerium erstellter Windatlas weist 530 Flächen als mögliche Standorte für Windkraftanlagen nach und kommt zu einem überraschenden Ergebnis: In Sachsen stürmt es kräftiger als in allen anderen Binnenländern der Bundesrepublik. 2.500 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 1.250 Megawatt könnten den Strombedarf von 1 Million Haushalten decken. Technisch kein Problem, aber finanziell.

Umwelt-Staatssekretär Dieter Reinfried (CDU) hofft auf Bundesmittel und frischen Förderwind im nächsten Landeshaushalt. 40 Millionen Mark jährlich würde es das Land kosten, bis 2005 auf einen Windenergieanteil von 10 Prozent zuzusteuern. Detlef Krell

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