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■ Das PortraitKarsten Voigt

Bald nicht mehr im Bundestag? Foto: Nelly Rau-Häring

Daß in Frankfurt/Main die sozialdemokratischen Uhren anders ticken als in anderen Städten und Regionen der Republik, mußten schon die Oberbürgermeister Volker Hauff (geschaßt) und Andreas von Schöler ent- oder genervt konstatieren. Jetzt hat es den altgedienten außenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Karsten Voigt (53), erwischt: Bei dem Versuch von Voigt, auf der Liste der hessischen SPD zu den Bundestagswahlen einen sicheren Listenplatz zu ergattern, wurde der ehemalige Juso-Boß von seinem eigenen Unterbezirk in Frankfurt am Main ausgebremst.

Der Vorstand setzte Voigt dessen Bundestagskollegin Gudrun Schaich-Walch und den als links apostrophierten Ex-Liedermacher Dieter Dehm vor die Nase. Die Plazierung hinter Schaich- Walch hätte Nordlicht Voigt vielleicht noch widerspruchslos geschluckt. Doch als dritte Wahl hinter dem PR- Mann Dieter Dehm, der Journalisten für einen Artikel über Dieter Dehm auch schon mal ausgewählte Stücke aus seiner Plattensammlung andiente, im Juli chancenlos in die entscheidende Landesversammlung der hessischen SPD zur Aufstellung der Landesliste zu gehen, ist Voigts Sache nicht. Er will bis zum Landesparteitag kämpfen — und er weiß außerhalb von Frankfurt so ziemlich alle führenden Sozialdemokraten in Hessen hinter sich. So etwa die hessische Justizministerin Hohmann- Dennhardt, die sich dafür einsetzen will, daß Voigt auf der Vorschlagsliste des Bezirks doch noch „sicher plaziert“ wird.

Daß Voigt in seinem Unterbezirk keinen Stich mehr machte, führen Insider auf die „mangelhafte Präsenz“ des Bundestagsabgeordneten in seinem Wahlkreis zurück. Zudem habe er mit seinem Gerede von der Teilnahme deutscher Blauhelme an Kampfeinsätzen der Nato die sich links gerierenden Wortführer im Unterbezirk verprellt. Doch auch in Frankfurt/Main, so das Ex- Unterbezirksvorstandsmitglied Peter Sulzbach, gäbe es noch Sozialdemokraten, für die „Qualifikation“ mehr zählt als „Gesinnung“. Er geißelte die Entscheidung als „provinziell und kleinkariert“.

Über den neuen hausgemachten Streit in der Frankfurter SPD freut sich die Kreisvorsitzende der Christdemokraten, Petra Roth. Die Roten in der Mainmetropole hätten erneut einem „respektablen Politiker“ aus den eigenen Reihen „das politische Genick gebrochen“. Klaus-Peter Klingelschmitt

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