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Jemens Diplomatie verbarrikadiert

■ Internationaler Druck auf den Norden durch Drohung mit Anerkennung des Südens / UN-Sicherheitsrat wird aktiv

Kairo (taz) – Als die Angestellten der jemenitischen Botschaft in Kairo nach dem großen Beiram- Fest wieder zur Arbeit schreiten wollten, standen sie vor verschlossenen Türen. Der Botschafter Abdul Gelil Gheilan, ein Südjemenit, hat die diplomatische Mission kurzerhand dichtgemacht und sich mit seiner Familie in dem Gebäude eingesperrt. Sein Leben sei von Extremisten der nordjemenitischen Parteien bedroht, erklärte er der Presse per Telefon. Die Angestellten suchten unter Flüchen auf den Chef Einlaß – bisher ohne Erfolg. Ägyptens Außenministerium nannte diesen einzigartigen Fall in der Geschichte der Kairoer Botschaften „sensibel und schwierig“.

Während in Sachen jemenitische Diplomatie die Türen in Kairo vorläufig geschlossen blieben, kommt andernorts wieder Bewegung in die festgefahrenen Fronten des Bürgerkrieges. Einige arabische Staaten üben derzeit massiven Druck auf die Regierung im nordjemenitischen Sanaa aus und fordern ein sofortiges Ende der militärischen Konfrontation. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die simple Drohung, die vor wenigen Tagen abgespaltene südliche „Demokratische Republik Jemen“ mit der Hauptstadt Aden diplomatisch anzuerkennen, falls sich der Norden weiter stur stellt. Vor allem die Arabischen Emirate und Kuwait haben ihre Bereitschaft zur offiziellen Anerkennung der südjemenitischen Regierung bekundet.

Offensichtlich zeigt die Drohung bereits Wirkung. Die Regierung in Sanaa scheint gespalten zu sein: Auf der einen Seite die Hardliner mit Scheich Al-Ahmar, dem Vorsitzenden der Islamischen Reformpartei und Chef des größten Stammesverbandes im Norden; auf der anderen eine Gruppe um den Planungsminister Abdel Karim Al-Irani, der eine weichere Linie gegenüber den Kontrahenten in Aden verfolgen möchte. Irani gab offiziell zu, mit einigen hohen Offiziellen der südlichen sozialistischen Partei Kontakt aufgenommen zu haben. Möglicherweise hat sich auch im Süden eine Gruppe gebildet, die einer Abspaltung vom Norden kritisch gegenübersteht. Al-Irani weigert sich jedenfalls strikt, mit dem Vorsitzenden der sozialistischen Partei, Ali Al-Baid, in Kontakt zu treten. Bei der Vermittlung auf der Seite des Südens spielt der gerade in Paris weilende zweite Ministerpräsident Abu Schwarib eine wichtige Rolle.

Der saudische Botschafter in Washington, Ben Sultan, hat sich unterdessen mit den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates in Verbindung gesetzt, um das Thema Jemen in New York auf die Tagesordnung zu bringen. Auch die USA scheinen konkrete Vorschläge an den Rat zu haben. In jedem Fall soll ein sofortiger Waffenstillstand vereinbart werden, und der nationale Dialog soll wiederaufgenommen werden. Von einem Waffenembargo gegen beide Seiten ist ebenfalls die Rede. Anschließend soll ein UN-Missionär den Jemen bereisen, um nach einer Woche einen Bericht über die Lage vorzulegen. Karim El-Gawhary

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