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Verfassungsreform

■ Vogel erhofft planmäßige Umsetzung Minderheitenschutz ist aber strittig

Bonn (taz) – Die Verfassungsreform kommt nach Meinung von Hans-Jochen Vogel (SPD) trotz des Koalitionsdebakels im Rechtsausschuß am vergangenen Mittwoch planmäßig am 30. Juni zu ihrem Ende. Durch die Absetzung der abschließenden Ausschußsitzung hätten sich jedoch die Koalitionsfraktionen für entscheidungsunfähig erklärt, sagte der Politiker gestern. Strittig seien weiterhin die Ausgestaltung des Minderheitenschutzes, die Übertragung der Zuständigkeit für die Hochschulverfassung auf die Länder und die Aufnahme des Tierschutzgedankens in das Grundgesetz.

Kernpunkt des Dissenses zwischen den Fraktionen von CDU/ CSU und FDP ist nach Vogel die Konkretisierung des Minderheitenschutzes. Einig seien sich die Parteien darüber, daß der Staat die Identität der ethnischen, kulturellen und sprachlichen Minderheiten achten solle. Während die SPD diesen Schutz auf „Volksgruppen“ und „nationale Minderheiten deutscher Staatsangehörigkeit“ konkretisiert wissen möchte, so Vogel, wolle die Union die Sorben, Friesen und Dänen als „Minderheiten mit geschlossenem Siedlungsgebiet“ auflisten. Damit wären Sinti und Roma ausgeschlossen. Für diesen Fall hat bereits der Vertreter der Dänen in Schleswig- Holstein, Karl-Otto Meyer, vorsorglich vermeldet, man wolle dann auch nicht erwähnt werden.

Große Chancen räumt Vogel der verfassungsmäßigen Verankerung des Tierschutzes ein. Hier werde wohl die notwendige Zweidrittelmehrheit zustande kommen. Problematischer sei dagegen die geplante Zuständigkeitsübertragung der Hochschulverfassungen vom Bund auf die Länder. Hier gebe es Streit sowohl in als auch zwischen den Koalitionsfraktionen. Scheitere die SPD hier mit ihrem Vorschlag, sei der Termin der Endabstimmung Ende Juni nur „schwer kalkulierbar“. Dann ist der Vermittlungsausschuß gefragt.

Der „Arbeitskreis schwuler und lesbischer Sozialdemokraten/innen“ forderte, für Homosexuelle beiderlei Geschlechts ebenfalls ein Benachteiligungsverbot in die Verfassung zu schreiben und ihre Lebensgemeinschaften unter staatlichen Schutz zu stellen. Hermann Keßler

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