: BSE von einem Züchter
■ Behörden fahnden nach Infektionswegen
Hannover Einen Tag nach der offiziellen Bestätigung des dritten Falles von Rinderwahnsinn in Deutschland versuchen die Behörden, den Infektionsweg nachzuvollziehen. Die Ermittlungen konzentrierten sich auf einen Betrieb nördlich von Hannover, in dem eine „Black-Welsh“-Kuh an BSE erkrankt war, sagte ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums am Freitag in Hannover. In dem auf die Zucht britischer Rinderrassen spezialisierten Betrieb im Landkreis Hannover wurden zeitweise auch die beiden anderen am Rinderwahnsinn erkrankten Tiere gehalten. Trotzdem sei der Verdacht, die Tiere hätten sich in dem Betrieb angesteckt, bisher eher unwahrscheinlich, sagte der Sprecher.
In Kiel wurde unterdessen bekannt, daß 1990 möglicherweise rund 6.000 Tonnen Tierfutter aus Großbritannien nach Deutschland geschmuggelt wurden. Diese „Gerüchte“ hielten sich hartnäckig, sagte der Vorsitzende des Verbandes schleswig-holsteinischer Fleischrinderzüchter, Götz von Donner. In der Bundesrepublik gilt seit 1989 ein Importverbot für Tierkörpermehl aus dem Vereinigten Königreich, das häufig Futtermitteln beigemischt wird.
Es sei schon auffällig, daß alle drei an BSE erkrankten Rinder zeitweise in dem Betrieb bei Hannover gehalten wurden, sagte von Donner. Er verwies auf die Schweiz, wo nach seinen Angaben ein „hausgemachtes BSE-Problem“ entstanden ist. Die dortigen über 60 Seuchenfälle seien hauptsächlich auf die Fütterung mit kontaminiertem Tiermehl aus Großbritannien zurückzuführen. Es sei nicht auszuschließen, daß in der Bundesrepublik ähnliches geschehen sei.
Der Leiter des Zuchtbetriebens bei Hannover, Horst-Hermann Freise, sagte, Kälbern aus eigener Zucht sei „Kraftfutter“ zugefüttert worden. Dieses sei von der Raiffeisen Hauptgenossenschaft bezogen worden. Tiermehl sei den Tieren nicht gegeben worden. Die vor einer Woche getötete BSE-Kuh hat nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums fünf Nachfahren. Ein Tier sei bereits geschlachtet und verzehrt worden, sagte der Sprecher. Drei seien Teil der Herde. Ein Rind sei in die Region Weser-Ems verkauft worden. Das von Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke (SPD) am Donnerstag erlassene vorläufige Schlachtverbot solle im Juni neu überdacht werden, falls keine bundeseinheitliche Regelung erreicht werde. Die beste Maßnahme zur Vorbeugung ist Funke zufolge die Tötung und Beseitigung aller in Deutschland gehaltenen Rinder britischer Herkunft. Die Entscheidung darüber liege in den Händen von Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert (CDU).
Nach Donners Angaben gibt es in der Bundesrepublik 6.000 bis 8.000 Rinder britischer Herkunft. Der Bundeslandwirtschaftsminister hatte dagegen die Zahl dieser Tiere mit 5.200 angegeben. Grund für den Unterschied sei, daß nicht alle Rinderhalter ihre Bestände festhalten ließen, sagte von Donner. So habe auch der Besitzer des Betriebes nördlich von Hannover nur einen kleinen Teil seiner Herde registrieren lassen. dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen