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Wenn Banker von „Damen“ sprechen

■ Niedersächsische Existenzgründerinnen haben es nicht leicht – von wegen Frauenförderung

„Damenprogramm“ – wenn die Tanzpädagogin Christa W. dieses Wort in den Mund nimmt, liegt darin alle Verachtung der Welt. Dabei ist sie selbst gar nicht schlecht auf das Darlehensprogramm zu sprechen, das das Land Niedersachsen seit 1991 auflegte, um Frauen bei der Gründung einer selbstständigen beruflichen Existenz unter die Arme zu greifen. Ganz im Gegenteil, dank des günstigen Darlehens – bis maximal 50.000 Mark wird es gewährt – avancierte Christa W. selbst zur Unternehmerin. Sie ist eine von knapp 900 Frauen, die das Darlehen bisher in Anspruch nahmen, das vom Wirtschaftsministerium bereitgestellt wird. Banken wickeln das Geschäft ab – und just in der Bank im niedersächsischen Umland, wo Christa W. für das Darlehen vorsprach, bekam sie das Wort vom „Damenprogramm“ zu hören.

„Auf Herablassung war ich nicht vorbereitet“, sagt die 45jährige Unternehmerin im Rückblick. „Dieses Programm soll Frauen doch fördern.“ Das alleine ist es aber nicht, was die Existenzgründerin erbost. Ausgerechnet ihr Antrag blieb wochenlang unbearbeitet im Bankhaus liegen. „Ein Versehen“, hieß es hinterher seitens der Bank. Die Unternehmerin in spe hätte das fast die Räume gekostet, die sie mieten wollte. „Für ein Tanzstudio kommt nicht alles in Frage – aber ohne Kreditzusage konnte ich ja nicht handeln. Außerdem sind nur Neugründungen zugelassen – hinterher heißt es ,Sie arbeiten ja schon'.“ Ein Extra-Ärgernis für Christa W.: „Um den Kredit zu beantragen, habe ich alle Details haarklein dargelegt, fristgerecht. Aber natürlich lag die Dringlichkeit auf der Hand – jede Unternehmerin kalkuliert doch mit Terminen.“

Das ist die Sicht der Unternehmerin – die allerdings ist im Fall der Christa W. im ersten Beruf Bank-kauffrau. Und die Fachfrau in Finanzgeschäften hat einen leisen Verdacht: „An diesen kleinen Krediten liegt den Banken wohl wenig. Interessant wird es erst, wenn sie die Kreditzuteilung verzögern, dann müssen die Kundinnen zu teuren Konditionen zwischenfinanzieren.“ Soweit alles klar. Nur – als Frau gefördert fühlt sich Christa W. nicht. „Wenn ich einen regulären Kredit beantrage, kommt mir wenigstens niemand mit ,Damenprogramm'. Dagegen muß ich mich doch verwahren – zumal, wenn dann abwertend von ,Blumenboutiquen' gesprochen wird.“

Hiltrud Arora, die zuständige Referentin im niedersächsischen Wirtschaftsministerium, wertet die Erlebnisse von Christa W. als „Einzelfall“. Zwar habe es in der Anfangsphase solche Beschwerden öfter gegeben. Doch mittlerweile sei das Darlehensprogramm im großen und ganzen gut angenommen – auch seitens der Banken. „Flächendeckend für ganz Niedersachsen wird das Programm in Anspruch genommen“, erklärt die Fachfrau. „In jedem Jahr wird das Finanzvolumen erhöht. Das spricht für uns.“ Und wenn es mal schwierig würde – „nun, als Unternehmerin muß man schon hartnäckig sein“.

Christa W. hat die Feuerprobe bestanden. „Aber ich bin Fachfrau in drei Berufen. Sonst hätte ich das wohl kaum durchgestanden.“ Und auch die Referentin des Ministeriums hätte ihr kaum raten können. Wenn Christa W. die Bank gewechselt hätte, wie die Referentin vorschlägt, wäre die berufliche Selbstständigkeit vorerst nicht wahr geworden. Eva Rhode

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