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Zeichen gegen baulichen Einheitsbrei

■ Der Stuttgarter Architekt Günter Behnisch baut Akademie der Künste am Pariser Platz / Mit seiner modernen Glasarchitektur geht er auf Konfrontation zur historisierenden Planung des Bausenators

Es gehört wohl zur Ironie der Geschichte, daß ausgerechnet einer der schärfsten Kritiker der geplanten Gestaltung des Pariser Platzes nun selbst dort bauen wird. Einstimmig kürte die Jury der Akademie der Künste bei ihrem Frühjahrsmeeting den Architekten Günter Behnisch und beauftragte ihn mit dem Neubau des Akademiegebäudes am Pariser Platz. Der Stuttgarter Baumeister ging aus einem Bauwettbewerb mit 18 Teilnehmern, unter ihnen Gottfried Böhm (Köln), Joachim Schürmann (Köln) und Hardt- Waltherr Hämer (Berlin), als Sieger hervor. Behnisch realisierte zuletzt die Bauvorhaben für den neuen Plenarsaal in Bonn, das Postmuseum in Frankfurt/Main oder das dekonstruktivistische Kindergartenschiff „Luginsland“ in Stuttgart.

In seinem Entwurf integriert Behnisch die vorhandenen Ateliers des einstigen Hauses der Preußischen Akademie, indem er eine 20 Meter hohe gläserne Hülle um die Reste des alten Palais webt. Für die dem Pariser Platz zugewandte Seite entwarf er eine Glasfassade, hinter der sich eine Raumfolge aus Foyers, Loggien, Brücken und Plattformen entwickelt. Für die neue Akademie sind im Kopfbereich eine Wandelhalle, ein Café sowie Tagungsräume vorgesehen. Die rückwärtigen Teile sollen Ausstellungshallen, Videosäle, Archive, Werkstätten und Büros enthalten. Über die schnittig und schräg geformten Details und Baukörper spannt sich ein Glasdach, das einen Skulpturengarten schützt. Behnisch: „Die Fassade gibt den Blick frei in ein helles, unruhiges Innenleben.“ Durch das Glasgitter am Pariser Platz könne das „Unruhige der Künstlerversammlung“ nach außen scheinen. Zugleich werde der Pariser Platz durch die Transparenz ins Innere des Gebäudes gezogen.

Es mag so aussehen, als wolle die Akademie der Künste mit ihrer Entscheidung für Behnisch ein Zeichen gegen den baulichen Einheitsbrei beim Rekonstruktions- Eifer in der Berliner Mitte setzen. Die „Gestaltungssatzung“ des Bausenators für den Wiederaufbau des Karrees am Brandenburger Tor, so hatte Behnisch im Winter anläßlich der Ausstellung seiner Architekturmodelle im Martin-Gropius-Bau befunden, sei schlichtweg skandalös. Die Rückbesinnung auf die historischen Maße und Proportionen sowie steinerne Fassaden verwandelten den Pariser Platz wieder zu jenem preußisch-nostalgischen „Exerzierplatz“, von dessen Bild sich die moderne Architektur längst verabschiedet habe.

Trotz der Brisanz gibt es wenig Grund für den Bausenator, Behnisch den Fehdehandschuh vor die Füße zu werfen. Schon ließ Wolfgang Nagel durch seinen Pressechef Ralf Schlichting gestern mitteilen, der aufgestellten Satzung „haben sich alle zu unterwerfen“. Doch bei genauer Betrachtung des Behnisch-Entwurfs zeigt sich, daß die Planung sich sehr wohl den Maßen des Platzes unterordnet. Behnisch „respektiert die Höhe der Bebauung“, sagte Manfred Mayer, Pressesprecher der Akademie. Hinzu kommt, daß der Stuttgarter das Gebäude in die Platzfigur einfügt.

Außerdem werden die horizontalen und vertikalen Linien des früheren Baus in sein neues Konzept integriert und so eine Synthese von Altem und Neuem herbeigeführt. Die stärkste Waffe in der Lösung unsinniger Vorgaben aber sei Behnisch selbst, meinte Mayer. Rolf Lautenschläger

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