: Industrie findet soziales Netz zu dicht
■ BDI-Jahrestagung in Bonn
Bonn (AP) – Bei der gestrigen BDI-Jahrestagung in Bonn beklagte der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI), Tyll Necker, „ausufernde Sozialkosten“ als eine Ursache zu teurer Arbeitsplätze. Die Kosten des zu dichten sozialen Netzes überstiegen die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft. Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt forderte eine drastische Flexibilisierung der Arbeitszeiten und versprach einen Abbau investitionshemmender Vorschriften sowie Steuererleichterungen. Der SPD- Kanzlerkandidat Rudolf Scharping sicherte den Unternehmen zu, auch für seine Partei habe die Senkung der Lohnnebenkosten Vorrang.
Necker verteidigte die Verlagerung kostenintensiver Produktionen in die osteuropäischen Reformstaaten und in andere Niedriglohnländer. Dadurch werde eine „Mischkalkulation“ möglich, die dazu beitrage, Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern. Kritik übte Necker auch daran, daß die Senkung der Unternehmenssteuern faktisch wieder zum politischen Tabu geworden sei.
Die im Juli beginnende deutsche EU-Präsidentschaft will Rexrodt zur „entschlossenen Entrümpelung“ hemmender Regulierungen nutzen. Rexrodt weiter: „Der Arbeitsmarkt der Zukunft macht es erforderlich, daß Menschen, ihren eigenen Vorstellungen und denen der Betriebe entsprechend, 20 Stunden pro Woche oder 30 oder 40 oder 50 oder 60 arbeiten können.“
Auch Scharping versicherte den Unternehmern, die Senkung der Lohnnebenkosten habe „hohe Priorität“, seine Partei trete auch für gezielte Steuerleichterungen ein. Allerdings dürften auch die Einkommensbezieher nicht noch mehr belastet werden. Zusätzliche Steuerbelastungen über den bereits feststehenden Solidaritätszuschlag ab 1995 hinaus gefährdeten die Massenkaufkraft und damit auch die Inlandsnachfrage. Weitere Steuerbelastungen führten auch zu einer Gefährdung der in diesem Jahr maßvollen Tarifabschlüsse.
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