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■ Streit um die Gedenkfeier zum 20. JuliNicht nur geschmacklos

Gedenktage sind noch von jedem Staat dazu benutzt worden, die eigene moralische Integrität zu feiern und zu festigen. Das gilt natürlich besonders für Ereignisse, bei denen das bestehende staatliche System noch gar nicht geboren war. Von daher ist es weder verwunderlich noch verwerflich, wenn die Bundesrepublik darum bemüht ist, die Feiern zum 50. Jahrestag des Hitler-Attentats auch zur eigenen Geschichte zu erklären. Die Attentäter als ethisch besonders hoch stehende Persönlichkeiten können so als Repräsentanten der bestehenden Gesellschaft verehrt werden. Daß nun, wie so oft beklagt wird, die Hitler-Attentäter besonders hervorgehoben geehrt werden, viele linke Widerstandskämpfer aber nicht, ist nur konsequent: Die derzeitigen Repräsentanten der Bundesrepublik sehen sich nun einmal lieber in der Tradition des konservativen Widerstands der Bürger, Sozialdemokraten und Militärs als dem der Kommunisten.

Wenn die Ausgestaltung der Feierlichkeiten zum 20. Juli also ein Spiegelbild der heutigen Gesellschaft ist, dann sollten sich die Gestalter allerdings auch an historische Tatsachen halten.

Und sie sollten gewahr sein, daß die Feier selbst nicht nur ihrem Verständnis von Ehrung entsprechen darf, sondern dem der Mehrheit der Gesellschaft. In diesen beiden Punkten haben die Ausrichter versagt.

Die Militärs, wiewohl am Attentat gegen Hitler beteiligt, gehörten nun einmal nicht zu den tragenden Säulen des Widerstands gegen die Nazi-Herrschaft. Konservative mögen das bedauern, aber sie müssen es doch zur Kenntnis nehmen. 140 Bundeswehrsoldaten mit der Waffe in der Hand zum 50. Jahrestags des Attentats als Staffage herumstehen zu lassen, ist deshalb nicht nur grob geschmacklos, sondern ahistorisch. Zumal sich Soldaten der Bundeswehr in letzter Zeit nicht gerade durch besondere Zivilcourage gegen den heutigen Rassismus ausgezeichnet haben, sondern bisweilen kräftig mitmischten.

Daß Kanzler Kohl zu den Feierlichkeiten reden wird, ist zwar sein gutes Recht – sonderlich taktvoll ist es aber nicht. Im Wahljahr nährt sein Auftreten den Verdacht, daß er der Ermordeten nicht als Vorbilder der Bundesrepublik gedenkt, sondern sie zur Wahlkampfnummer mißbraucht. Gerade weil dieses Land heutzutage dringender denn je der Erinnerung an den Widerstand gegen Krieg und Rassismus bedarf, auch, um die heutigen Untaten zu bekämpfen, ist es notwendig, daß sich die wahlkämpfenden demokratischen Repräsentanten in der Ehrung des Widerstands einig sind. Sind sie es nicht, wird der Nazi-Widerstand relativiert. Das aber wäre das letzte, was wir brauchen. Klaus Hillenbrand

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