„Die Seele sagt, es geht nicht weiter“

■ An der Senatspolitik wundgescheuert: Hucky Heck verläßt das Viertel-Ortsamt

Hucky Heck mag nicht mehr: Gestern morgen hat der Viertel-Ortsamtsleiter in der Innenbehörde seinen Rücktritt auf den Tisch gelegt. Offensichtlich wundgescheuert als Vermittler zwischen Senatspolitik und BürgerInnen gibt er seinen Posten auf – trotz aller auch öffentlich vorgetragener Frustrationen letztlich doch überraschend. Überraschend und offensichtlich ohne taktischen Hintergrund, denn schließlich hatte sich Heck auf den Weg gemacht, eine unabhängige Liste für die kommende Bürgerschaft zusammenzubekommen. Mit dem Ortsamt gibt er einen relativ unabhängigen politischen Ort auf. Heck: „Klüger wäre es gewesen, drinzubleiben.“ Aber: „Die Seele sagt, es geht nicht weiter. Das ist keine Taktik, es geht um mich.“

Warum die Hecksche Seele so entschieden hat, das hat nun wieder ganz handfeste politische Hintergründe. Er sei nicht mehr bereit und in der Lage, die Politik des Senats vor Ort zu vertreten, schrieb Heck seinen Beiräten in einem erklärenden Brief. Die Bürger wendeten sich zuerst an das Ortsamt, doch die Vermittlung der Anliegen nach oben sei vollkommen sinnlos geworden, „weil im Grunde gar nichts mehr geht“. Selbst die kleinsten Maßnahmen seien nicht mehr umzusetzen, gleichzeitig aber müsse er „ein Millionenprojekt nach dem anderen“ vertreten – von der Teerhofbrücke bis zum Klangbogen. Das könne er nicht mehr verantworten. Heck: „Meine Aufrichtigkeit und Integrität würden mich nötigen, zum Widerstand aufzufordern – eine Position, die mit dem Status eines Beamten nicht zu vereinbaren ist.“

Der Frust, aus dem Heck jetzt die Konsequenzen gezogen hat, sitzt in vielen Ortsämtern und vielen Beiräten tief. Der Nenner: „Das ist nicht mehr zu ertragen“. Und Heck hat reichlich Beispiele parat, die zu seiner Haltung geführt haben. „Parken im Steintor“ hieß ein Modellprojekt, das mit mehreren hunderttausend Mark vom Bund gesponsert worden ist. Über zwei Jahre saßen 25 BürgerInnen aus dem Stadtteil, Behördenvertreter, Kaufleute, Verkehrsexperten beieinander, den ruhenden Verkehr im Viertel neu zu ordnen. Nach endlosen Sitzungen kam ein Konsenspapier zustande. Eigentlich sollte es für die Umsetzung zweieinhalb Millionen Mark geben. Als die Gruppe soweit war, hieß es aus dem Bauressort, daß gar kein Geld mehr dasei. Erst nach massivem politischem Druck sollten 200.000 Mark lockergemacht werden. „Ganz schnell“ sei die Vorgabe vom Bausenator gewesen, sollten die Planungen vorgelegt werden. Das habe tatsächlich geklappt, nur lag dann der Antrag monatelang bei der Senatorin. Und dann kam die Nachricht aus dem Bauressort, das Geld sei gar nicht da. Heck: „Runde Tische zum Abwinken, Abendtermine zum Blödewerden, und dann sowas.“

Die Beiräte und Ortsamtsleiter hätten nichts mehr zu entscheiden, nichts zu bewegen, aber immer noch die Ventilfunktion für den Unmut innerhalb der Bevölkerung: „Immer den Deckel auf dem Topf halten, aber soviel Dampf rauskommen lassen, daß die im Senat auch noch merken, was los ist. Du absorbierst, Du nimmst es auf Dich, aber Du kriegst keinen Gegenwert.“ Umgesetzt werde kaum etwas. „Wir sind die ,Deppen' vor Ort, damit der Protest ordentlich kanalisiert wird.“ Er will der inneren Kündigung zuvorkommen. Zumal es innerhalb der Koalition einen Konsens zu geben scheint, sagt Heck: „Laßt uns bloß mit den Beiräten zufrieden.“

In der politischen Szene hat der Schritt Hecks Erstaunen und Betroffenheit ausgelöst, aber auch Verständnis, denn der Frust sitzt auch andernorts tief. Claus Dittbrenner, SPD-Fraktionschef: „Ich kann verstehen, was ihn bewogen hat. Das geht vielen ähnlich, aber man hätte vorher drüber reden können müssen.“ Bei den Grünen, bis vor einigen Monaten Hecks politische Heimat , war die Betroffenheit groß. „Sehr traurig“, kommentierte die Fraktionssprecherin Karoline Linnert, „aber menschlich nachvollziehbar.“

Ob er jetzt noch die Idee der unabhängigen Liste verfolgt, das sei noch keine ausgemachte Sache, sagt Heck. Und wie es mit ihm weitergehe schon gar nicht. Vorerst bleibt er ohnehin im Amt, bis eine NachfolgerIn gefunden ist. Innenstaatsrat Volker Hannemann: „Wir werden die Stelle so schnell wie möglich ausschreiben.“ Und dann? Heck: „Ich warte auf Angebote. Nicht mehr ganz jung, mit Verwaltungserfahrung...“ In einen seiner vielen Berufe kann er so schnell aber nicht zurück: „Mein Taxischein ist abgelaufen.“ J.G.