piwik no script img

Am Regen scheiterte die Menschenkette

■ Umwelttag: Mehrere tausend Menschen radelten trotz Regenschauern gegen Innenstadtring und Tiergartentunnel

Dunkle Wolken zogen über die Stirn des Prenzelberger Baustadtrats. „Hat das Wetter etwa der Haase bestellt?“ versuchte Matthias Klipp beim Verkehrssenator schlecht Wetter zu machen. Als jedoch die ersten Gruppen und Grüppchen über die Dimitroffstraße radelten, hellten sich die Züge des Fahrradfans auf. Grund zur Freude gab es tatsächlich. Trotz Regenschauern kamen gestern nach Zählung der Veranstalter 5.000 Radler zusammen (Polizeiangaben 1.500), um sich und ihre Velos über den Stadtring- Asphalt zu scheuchen und dafür immer wieder Beifallsstürme der Zuschauer zu ernten. Der geplante Höhepunkt, eine Menschenkette um den Innenstadtring, fiel am frühen Abend freilich buchstäblich ins (Regen-)Wasser.

Von vierzehn Orten im Berliner Umland waren die Radler und Radlerinnen am Mittag losgefahren, um schließlich auf dem geplanten Innenstadtring gegen denselben und den Tiergartentunnel zu protestieren. Bereits um 14 Uhr fuhren die ersten Gruppen über den Ring, eskortiert von der Polizei. Die wartenden Autofahrer reagierten zumeist gelassen und wurden zur Belohnung mit Winken und geballten Fäusten begrüßt. Einzig an der Oberbaumbrücke, über die sich bis zum Ende des Jahres die Blechlawine schieben soll, stockte auch der Radlerverkehr. Der Grund: Die Polizei ließ es sich nicht nehmen, darauf hinzuweisen, daß die dortige Behelfsbrücke für Räder gesperrt sei und die Radler den Umweg über die Schillingbrücke zu nehmen hätten. An der Oberbaumbrücke selbst feierten indes mehrere hundert Anwohner unter dem Dach der U-Bahn eines von insgesamt neun Straßenfesten. Die meisten davon waren allerdings durch den Platzregen am Nachmittag regelrecht ins Wasser gefallen. An der Warschauer Straße in Friedrichshain blieb das Infomaterial unter großen Plastikplanen liegen, an der Eberswalder Straße in Prenzlauer Berg wurde das geplante Rockkonzert kurzerhand in die nahe gelegene Kiezkantine verlegt, und an der Dimitroffstraße drückten sich die zu Fuß Gebliebenen bei Kaffee und Kuchen an die Häuserwände. Nicht gedrückt hat sich allerdings der Prenzelberger Sozialstadtrat Reinhard Kraetzer (SPD). Durch seine demonstrative Anwesenheit inmitten der radelnden Schar und der bündnisgrünen Bezirksprominenz setzte der besinnliche Bezirkspolitiker ein rot- grünes Zeichen gegen den verkehrspolitischen Schlingerkurs seiner Bonner Parteifreunde.

Ein anderer Bonner indes kam eigens in die Hauptstadt geflogen, um vom Adenauerplatz zum Bismarckplatz in den Grunewald zu radeln. Dort fand zum Umwelttag rund um das Gebäude des Umweltbundesamts ein Umweltmarkt statt. Hauptattraktion der Veranstaltung war natürlich ein Auto, das elektrisch betriebene „City Ei“ mit immerhin 50 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit. Einzig und allein die Solaranlage sorgt bei Regenwetter nicht unbedingt immer für den gewünschten Drive. Für jede Tages- und nun auch Nachtzeit ist dagegen der neue „Flüstercontainer“ gewappnet. Der neue „superlärmarme Altglas- Sammelcontainer“ ist auch ein Signal gegen die Politikverdrossenheit: Flaschen können künftig leiser und damit umweltfreundlicher entsorgt werden. Uwe Rada

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen