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Unterm Strich

Da hat das Ressort Alltagskultur mal wieder was verpaßt. Die KollegInnen aus den voll legitimierten und kollektiv anerkannten Sparten hasten ja von einem Festival zum anderen und kommen wirklich rum in der Welt. Wie aber soll unsereiner ahnen, woher wissen, daß es so was Schönes gibt, wenn man nicht wenigstens ein einziges Mal ausdrücklich eingeladen wird? Fürs nächste Jahr sind wir gerüstet, da werden wir genauso ausführlich berichten wie unsere Kollegen von der Süddeutschen Zeitung – über die allpfingstliche Echternacher Springprozession. Immer am Pfingstdienstag treffen sich dort nämlich bis zu 10.000 Menschen, die in Fünfer- bis Sechserreihen „ernst und würdig“ mithupfen, auf daß das Ereignis nicht zur „Folklore-Show“ verkomme. Deshalb gilt auch ein ganz strenges Reglement, denn ungeordnetes Rumgepilgere auf eigene Faust ist nicht erwünscht: „Auf keinen Fall ist es erlaubt, sich in eine Springergruppe einzureihen, ohne regelrecht mitzuspringen! [...] Wer mitspringen will, aber nicht zu einer angemeldeten und zugelassenen Gruppe gehört, möge sich in die Reihe der Einzelpilger (Springergruppen 11 bis 17) einreihen.“

In Nürnberg wird am 25. und 26. Juni vielleicht auch fürs eigene Seelenheil, vor allem aber für einen guten Zweck gehupft und gesprungen. Ballettensembles aus aller Welt treffen sich zu einem 24-Stunden-Festival, dessen Erlös an die Aids-Hilfe geht. „Ein Fest für Orlando“ ist dem Tänzer Orlando Fornaris gewidmet, der 1991 im Alter von 36 Jahren an den Folgen von Aids gestorben ist.

Zum Erstaunen ihres eigenen Initiators, des Intendanten Michael Hampe, waren die Dresdner Musikfestspiele „besser als erwartet“. Das ist nicht die Sprache, die wir kennen. Für gewöhnlich wird ja – vor allem nachträglich – mit Formulierungen wie „gelungen“, „beifallumjubelt“ oder „wird auf vielfachen Wunsch wiederholt“ kräftig auf die Pauke gehauen. Lobenswert also eine Bescheidenheit, die sich der Einsicht zu verdanken scheint, daß „es moderne Musik in Dresden schwerer hat“, als der Intendant angenommen hat. Deshalb will er das Programm für 1995, das unter dem Titel „Apokalypse“ vor allem Musik des 20. Jahrhunderts enthält, genau analysieren. Die Stadt Dresden soll das Einnahmesoll heruntersetzen, damit er auch preiswerte Karten anbie-

ten könne. Schwindelerregend die Mieten: 64.000 Mark am Tag soll die Semperoper kosten.

Ebenfalls in Dresden tagten bis Samstag die 13 Mitglieder der deutschen Opernkonferenz. Ihr Appell an die verantwortlichen Politiker: Kultur nicht als „bequemes Sparschwein“ zu betrachten. Notwendige Einsparungen im Opernbereich sollen durch Qualität statt Quantität, eingefrorene Gastgagen, Konzentration auf Nachwuchsförderung und Harmonisierung der Tarifverträge erreicht werden.

An der Elbe gibt es schon seit 1988 eine andere Art von Kulturförderung: Kaufleute und andere selbständige Mittelständler haben sich zu einem gemeinnützigen Verein mit dem schönen Namen „FOKO“ (Forum für kulturelle Kooperation) zusammengeschlossen – in Hamburg zärtlich, wenn auch etwas rätselhaft, „Pfeffersäcke“ genannt. 200 Mitglieder bewegen rund 500.000 Mark für die Kunst jährlich. Unterstützt werden kulturelle Einrichtungen, Ereignisse oder Künstler. Das bisher größte Projekt mit einem Fördervolumen von 150.000 Mark kam der Kunsthochschule in St. Petersburg zugute: Die 900 Studenten bekamen Farben, Papier, Pinsel und Leinwand, einige Stipendien. Trotz e. V. im Namen sind diese Aktionen natürlich nicht völlig uneigennützig: Gegen Namensnennung haben die Spender nichts einzuwenden.

Das Bauhaus Dessau ist seit vergangenen Freitag eine ordentliche Stiftung. Ein privater Trägerverein seit der Wende war nicht mehr in der Lage, die hohen Kosten zu übernehmen: Der Etat liegt bei 6 Millionen Mark jährlich, wobei das Land Sachsen-Anhalt den Löwenanteil trägt. Rolf Kuhn, Direktor seit 1987, möchte seine Arbeit gern weiterführen. Trotz satzungsgemäßer Neuausschreibung und erwartbarer zahlreicher Konkurrenten ist er zuversichtlich.

Auf dem ersten Rüsselsheimer Filmfestival hat die 24jährige Anja Neitzert am Samstag abend für ihren dokumentarischen Kurzfilm „Mit einem Eimer Wasser“ den mit 10.000 Mark dotierten Preis des Festivals erhalten. Anja Neitzert schildert in ihrem achteinhalbminütigen Schwarzweißfilm die skurrilen Wassersparmethoden ihrer Mutter.

Einigermaßen skurril sind auch die Erkenntnisse, die die Französin Agnès Michaux durch Sichtung zahlloser Statistiken gewann: Jede fünfte Französin findet ihren Mann häßlich, vier Prozent könnten es besser ertragen, wenn er sie mit einem Mann statt einer Frau betrüge. Und jede fünfte meint, daß Männer kein Gefühl fürs ordnungsgemäße BH-Öffnen haben. Die Nachhilfe des Berliner Boulevardblattes BZ im Original: „Bedecken Sie ihr Dekolleté mit Küssen. Umarmen Sie sie, greifen Sie ohne Hektik an den Verschluß. Hören Sie nicht auf zu küssen! Beide BH-Enden mit drei Fingern (Daumen, Zeige- und Mittelfinger) halten, dann gegeneinander schieben. Träger zart von der Schulter streifen. Weiter küssen.“

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