■ Kommentar: Lotse & Steuermann
Vorweg: Von zwei mäßigen Alternativen ist Altenwerder die bessere. Daß der Senat dem Wilhelmsburger BürgerInnen-Protest nachgab, sich erneut auf Standortsuche begab und sogar fündig wurde, zeugt von politischer Lernfähigkeit. Daß diese aber nur ansatzweise ausgeprägt ist, beweist die Begleitmusik zum gestrigen Senatsentschluß.
Da ist vor allem Henning Voscheraus Presseschelte. Durch die frühe Veröffentlichung der Neuhof-Pläne sei die Diskussion „aus dem Ruder gelaufen“. Dabei vergißt der Bürgermeister: Hätte der Senat wie gewohnt einsame Entscheidungen lediglich verkündet, wäre der Tanker auf Grund gelaufen. Denn wie ein Schiedsrichter nimmt auch ein Senat, zumal der Hamburger, Entscheidungen in der Regel nicht zurück. Erst frühzeitige Veröffentlichung und die nachfolgende Diskussion machte es Hamburgs PolitikerInnen möglich, den Kurs ohne allzu großen Gesichtsverlust zu korrigieren.
Demokratie hat hier funktioniert, die Medien haben ihre Aufgabe erfüllt. Alles aber gegen den Widerstand von Voscherau und Vahrenholt. Statt die eigenen Navigationsfehler zuzugeben, geißeln die Steuermänner nun ihre Lotsen.
Das Beispiel Altenwerder beweist: Das Zusammenspiel zwischen PolitikerInnen und Betroffenen führt manchmal zu recht brauchbaren Ergebnissen. Das kann auch für die Frage gelten, wie Hamburg seinen Müll am besten entsorgt bzw. vermeidet. Vielleicht hat da ja nicht nur der Umweltsenator gute Ideen. Er müßte nur lernen, daß Politik und Psychologie eng miteinander verwoben sind und auch Senatoren im Dialog klüger werden können. Marco Carini
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