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Serie Verwaltungsreform (Teil 3): Die Zahl der 15 Senatoren soll auf zehn reduziert werden. Doch welche Hauptverwaltungen zusammengelegt werden, weiß keiner – ein Grund, warum sich das Augenmerk der Reform fast ausschließlich auf die Bezirke richtet. Die dürfen zum ersten Mal über ihre Finanzen selbst entscheiden.

Kampf um die Pfründe

Als kürzlich eine Mehrheit der Steglitzer Bezirksverordneten sich beharrlich weigerte, eine Spiegelwand für die ermordeten Juden auf dem Hermann-Ehlers- Platz zu errichten, schritt Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) ein. Besorgt um das Ansehen der Stadt beauftragte er seine Fachverwaltung, das gesamte Vorhaben an sich zu ziehen. Nun wird das Denkmal am Bezirk vorbei doch gebaut.

Das Beispiel von Steglitz illustriert anschaulich den Zustand der Berliner Verwaltung. Monatelange Debatten und Abstimmungen werden mit einem Machtwort von oben über den Haufen geworfen. Obwohl als Kontrollmechanismus verstanden, wurde der Begriff der Fachaufsicht in den vergangenen Jahren dermaßen ausgeweitet, daß die Hauptverwaltungen zunehmend in das Tagesgeschehen der Bezirke eingreifen. Dies führt nicht nur zu Reibungsverlusten und Doppelfunktionen, sondern auch zu einer unnötigen Kostenexplosion.

Eine Reform der Struktur zwischen Hauptverwaltung und Bezirken ist seit den achtziger Jahren auf der Tagesordnung, wurde aber bisher stets verschoben. Im November 1993 kam ein von der CDU-nahen Konrad-Adenauer- Stiftung erstelltes Gutachten zu dem Schluß, die Aufgaben der Senatsverwaltungen auf „strategische Ziel- und Rahmenvorgaben“ zu begrenzen. Vieles, was bereits damals von den Wissenschaftlern formuliert wurde, ist mittlerweile Bestandteil der Gesetzes- und Verfassungsänderungen, die CDU und SPD gemeinsam im Februar dieses Jahres dem Parlament vorlegten. Doch die angekündigte Dezentralisierung und Verlagerung von Kompetenzen an die Bezirke wurde im Bereich der Bauplanung in größerem Umfang eingeschränkt. Nach der jetzigen Vorlage, die seit Monaten im Abgeordnetenhaus diskutiert und kommende Woche verabschiedet werden soll, werden die Bezirke durch die Hauptstadtplanung und bei gesamtstädtischen Entwicklungen im Bau- und Verkehrsbereich in die Schranken gewiesen.

Ein Feld beispielsweise, in dem die Hauptverwaltung die Nase vorn hat, betrifft die Aufstellung und Festsetzung aller Bebauungs- und Landschaftspläne von „gesamtstädtischer Bedeutung“: unter anderem bei Anlagen der Ver- und Entsorgung, überbezirklicher Verkehrsplanung, übergeordneten Standorten des Gemeinbedarfs und Wohnungsbau mit mehr als 100 Wohneinheiten. Hier kann die zuständige Senatsverwaltung die Vorhaben an sich ziehen.

Mit diesen Pfeilern wird nur der Rahmen auf gesetzlicher und verfassungsrechtlicher Ebene abgesteckt – die konkrete Reform der Hauptverwaltung liegt in weiter Ferne. Zwar einigten sich CDU und SPD darauf, in der Berliner Verfassung die Zahl der Senatoren auf zehn zu reduzieren. Doch welche Verwaltungen zusammengelegt werden, ist offen. Ein harter Kampf um Pfründe steht an, sollte das Gesetzespaket durchkommen. Zumal mit der geplanten Fusion von Berlin und dem Land Brandenburg in fünf Jahren sich ohnehin die Frage einer kompletten Neuordnung stellt.

Insgesamt entfallen nach dem vom Senat in Auftrag gegebenen Gutachten der Ploenzke AG, das im Februar dieses Jahres vorgestellt wurde, auf die Hauptverwaltung 77.000 und auf die Bezirke 189.000 Mitarbeiter. Auffällig ist dabei der hohe Anteil der Beamten, der in der Hauptverwaltung mit 46 Prozent deutlich über dem der Bezirke (32 Prozent) liegt. Auch bei den Personalkosten schneiden die Senatsstellen laut Gutachter mit 46 Prozent deutlich schlechter ab als die Bezirke (35 Prozent). Im Vergleich eher bescheiden nimmt sich daher die Absicht des Senats aus, von 1992 bis 1997 in den Verwaltungen und den Bezirken rund 25.000 Stellen – 3.500 jährlich – abzubauen.

Wenig Aussichten auf Erfolg hat die Forderung von Bündnis 90/ Die Grünen, die Zahl der Staatssekretäre – sie übertrifft zur Zeit mit über 20 Stellen die Zahl der 15 Senatoren – ebenfalls auf zehn zu reduzieren. Ein entsprechender Vorschlag von Bündnis 90/ Die Grünen wurde zwar in der Enquetekommission zur Verfassungsreform diskutiert, aber nicht angenommen. Auch künftig, so steht zu befürchten, werden Staatssekretärsposten eher großzügig verteilt werden.

Das Augenmerk der Reform konzentriert sich derzeit fast ausschließlich auf die Bezirke. Bis zum Sommer muß aus haushaltsrechtlichen und -technischen Gründen die Verwaltungsreform verabschiedet sein, um den Ansatz eines Umbaus von unten nach oben nicht gänzlich zu gefährden. Denn in diesen Wochen beraten die Bezirksparlamente erstmals über die im Gesetz veranschlagten Globalsummen für den Doppelhaushalt 1995/96. Damit sollen die Bezirke – im Gegensatz zu der bisher üblichen Praxis der aufwendigen und bürokratischen Mittelzuweisung durch den Senat – eigenverantwortlich über die Festlegung zumindest von Teilen des Haushalts bestimmen. Die im Ploenzke- Gutachten zugrunde gelegte Produkt- und Kostenrechnung, die ihnen zugleich neuartige betriebswirtschaftliche Anstrengungen zumutet, soll für die Hauptverwaltungen spätestens ab 1997 gelten. Die Hoffnung der Gutachter Thomas Hauser und Kristian Furch: Bis zum Jahr 2000 werde dann das gesamte Haushaltsvolumen der Stadt „wirtschaftlich beurteilbar und steuerbar“ sein. Severin Weiland

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