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Kunststoff-Kartell: Fehler im System

Beim Kunststoff-Zweig des Dualen Systems sitzen an beiden Seiten des Verhandlungstisches dieselben Personen / Kartellamt droht, die Verwertungsverträge zu untersagen  ■ Von Nicola Liebert

Berlin (taz) – Das Geschäft mit dem Plastikmüll ist lukrativ, das Interesse der Kunststoffentsorger, sich den Markt aufzuteilen, entsprechend groß. Die Gesellschaft für Kunststoffrecycling (DKR) installiert nun mit langfristigen Verträgen und Gebietsabsprachen ein Verwertungsmonopol für Kunststoffmüll. Das jedenfalls wirft das Kartellamt dem Garantiegeber für Plastikrecycling gegenüber dem Dualen System (DSD) vor. Gespräche zwischen den Wettbewerbshütern und der DKR sind Ende letzter Woche gescheitert. Das Kartellamt leitete bereits ein Verfahren gegen die DKR ein.

Die DKR ist zu drei Vierteln im Besitz derselben Firmen, die auch die Aufträge von der DKR erhalten. Das sind die großen Entsorger wie RWE und Veba, die Chemieindustrie und ein paar mittelständische Firmen. Die großen Entsorger hatten im vergangenen Jahr begonnen, sich des Plastikmülls anzunehmen, der sich damals zu großen Halden türmte. Insbesondere setzten sie auf die sogenannte rohstoffliche Verwertung, also die Rückverwandlung von Plastik in Öl. Die BASF möchte so demnächst 300.000 Tonnen Plastikmüll verwerten, Veba/Ruhrkohle etwa 120.000 Tonnen. Das Ganze rechnet sich nur, weil das DSD pro Tonne rund 750 bis 1.000 Mark zuschießt – Geld, das die Bürger über den Grünen Punkt bezahlen.

Die Verwerter, die die DKR dominieren, sind vor allem an langfristigen Verträgen und an einer Gebietsaufteilung interessiert. Agnes Bünemann von der Abfallberatungsfirma „cyclos“ findet das verständlich, denn für ihre enormen Investitionen – die BASF-Anlage soll zum Beispiel 300 Millionen Mark kosten – wollen die Unternehmen eine gewisse Sicherheit. Ein Kartellamtssprecher kontert: „In der Marktwirtschaft kann eine Firma doch nicht erst langfristige Garantien verlangen, bevor sie daran geht zu investieren.“

Der Fehler liegt jedoch schon im System. Die Verpackungsverordnung fordert vom DSD eine Entsorgungssicherheit. Die Verwerter sind jedoch nur bereit, die entsprechenden Investitionen vorzunehmen, wenn sie umgekehrt auch Sicherheiten erhalten. Im Kartellamt ist man sich immerhin bewußt, daß die DKR mit ihren Monopolstrukturen eine gewisse Daseinsberechtigung hat – „aber nur für eine Übergangszeit von zwei bis drei Jahren“, sagt der Pressesprecher der Behörde, Jürgen Kiecker.

Daß die DKR mit den Entsorgern Verträge mit zehnjähriger Laufzeit über die Anlieferung von Plastikmüll und die Finanzierung der Verwertung schließe, ließe sich nicht mit dieser kurzfristigen Tolerierung vereinbaren. Die Laufzeit der Verträge ist daher der Hauptstreitpunkt zwischen Wettbewerbsbehörde und Plastikverwertern. Sollte die DKR nicht doch noch einlenken, will das Kartellamt die Durchführung der Verträge untersagen. Eine Entscheidung darüber könnte in den nächsten Wochen fallen, so Kiecker.

DKR-Geschäftsführer Michael Scriba gab sich wie auch DSD- Sprecher Gunnar Sohn optimistisch, daß es noch zu einer Einigung mit dem Kartellamt kommt. Falls nicht, wollte Scriba aber nicht ausschließen, sich direkt an den Bundeskanzler zu wenden. Der soll dann bei Wirtschaftsminister Rexrodt auf eine ministerielle Ausnahmegenehmigung für die Kunststoffrecycler hinwirken.

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