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Bremer Rüstungstechniker bald zivilisiert?

■ Einstige Rüstungsfirma DST lebt heute „nur“ noch zu 40 Prozent von Militär und Sicherheit

Im neuen Bremer Postfrachtzentrum kommen dereinst nur noch Frauen in die Damenumkleideräume, Männern bleibt die Tür verschlossen. High-Tech macht's möglich: Die kleinen Chips am Revers der MitarbeiterInnen sind so programmiert, daß sich jeweils nur bestimmte Türen öffnen. Nicht nur die MitarbeiterInnen werden mit Chips ausgestattet, sondern, viel wichtiger, sämtliche Post-Lkw. Den FahrerInnen druckt bei der Ankunft im Frachtzentrum von eine Service-Säule den entsprechenden Laufzettel aus: Fahre den Hänger hierhin und den Lastwagenaufsatz dorthin ... Ausgedacht hat sich das die in Bremen und Kiel ansässige Firma Deutsche System-Technik (DST). Gestern stellte sie ihre Jahresbilanz vor.

Auf Identifizierung versteht sich die DST schon lange, produzierte sie doch einst zu 85 Prozent Hochtechnologie für die Bundeswehr. Der Rüstungsbetrieb gehörte damals zum Philips-Konzern, 1990 stieß Philips die unrentabel gewordene Filiale an zwei Mangager ab. Die haben den Militär- und Sicherheitsanteil mittlerweile auf 40 Prozent gesenkt. Große zivile Aufträge sind etwa die Erkennungssysteme für die 33 deutschen Postfrachtzentren sowie die Müllmeß-Systeme für Bremens Mülltonnen und Müllfahrzeuge.

Aber auch weiterhin verkauft DST Erkennungssysteme im wehrtechnisch/sicherheitstechnischen Bereich: So hat man sich um die Sicherung der deutsch-polnischen Grenze beworben mit Systemen, die zum Beispiel einen Mercedes mit Asylsuchenden bereits in 60 Kilometer Entfernung erkennen. Weil diese Grenzsicherung politisch umstritten ist, hat die DST erstmal nur ihre klassischen Nacht- und Nebelsichthilfen an die Grenzer loswerden können.

Doppelt verdient wird auch mit Simulationssystemen: Grad hat man der Wilhelmshavener Marine einen Sandkastenersatz übersandt, einen Taktik-Trainer nämlich; gleichzeitig preist man solche Trainer auch der Bahn für angehende LokomotivführerInnen an.

Für ihre Konversionsbemühungen hat die Firma in den ersten drei Jahren keine Gelder bekommen, jetzt erstmals 200.000 Mark für eine Studie darüber, wie man in Wehrtechnikbetrieben eine „zivile Denke“ verankert. Von den jährlich 1,6 Milliarden Technologieförderung der Bundesregierung habe das mit rund 800 MitarbeiterInnen noch mittelständische Unternehmen ohnehin noch nie was gesehen, sagt Bruno Jacobi, geschäftsführender Gesellschafter. Den größten Brocken von 1,2 Milliarden zocke sowieso Siemens ab, der Rest gehe an Daimler und andere Riesen. Dennoch ist man erstmals seit vier Jahren in den schwarzen Zahlen – unter anderem mit einer Personalreduzierung um 25 Prozent. Der Umsatz stieg 1993 um zwei Prozent auf 173 Millionen Mark.

Dabei ist die Konkurrenz groß. Hauptkonkurrenten bei den Autobahn-Leitsystemen sind Siemens und IBM. Dafür hat die DST bei den Öffentlichen Verkehrsmitteln ein Bein auf dem Boden: Mannheim zum Beispiel bekommt ein Kommunikationssystem, mit dem es gleichzeitig verspätete Züge ankündigen, Bahnsteige überwachen und den Zustand der Rolltreppen kontrollieren kann. Aus dem Wettbewerb um das Polizei-Leitsystem in Berlin allerdings hat man sich „zurückgezogen“.

Auf den internationalen Markt auszuweichen ist schwierig, oft muß die DST erst Studien und Testläufer vorweisen. Nur ein Viertel des Umsatzes wird im Ausland gemacht. Manchmal schafft aber auch „der Pups von der anderen Hälfte der Erdkugel“ (Jacobi) den Brückenschlag nach Süd-Ost-Asien: mit einem Firmenportrait, in das man Schwarz-Weiß-Archivaufnahmen von einem früheren Besuch der IndonesierInnen bei Philips geschnitten hatte, gewann man die Herzen und den Auftrag für die Modernisierung der Hafenradaranlage im Nu. Christine Holch

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