■ Nordkorea tritt aus der IEAO aus: Brüchige Logik
Biologische und Chemiewaffen sind geächtet. Doch Atombomben zu besitzen ist völkerrechtlich legal. Wer die Bombe hat, ist mächtig: Die Vertreter der USA, Rußlands, Chinas, Frankreichs und Großbritanniens sitzen als ständige Mitglieder im Weltsicherheitsrat und bestimmen dort, wo es langgeht, weil sie die ersten Nuklearstaaten waren. Bestimmte andere Länder werden verdächtigt, die Fähigkeit oder das dringende Bedürfnis zum Bau von Atomwaffen zu haben. Dazu gehören Nordkorea, Indien, Pakistan, Israel, Libyen, Iran und der Irak. Fast alle fühlen sich von ihren Nachbarn bedroht und sehen in der Abschreckung durch die Bombe die wirksamste Geste, sich gebührend Beachtung zu verschaffen. Das wirtschaftlich ruinierte und international weitgehend isolierte Nordkorea versucht nun herauszubekommen, wie weit es dabei gehen kann.
Seine Aktionen haben gezeigt, wie erpreßbar die Welt geworden ist und wie brüchig die Logik der Abschreckung schon immer war: Wer sich dem Atomwaffensperrvertrag anschließt, so war das Versprechen der großen Nuklearmächte, der erhält ihren Schutz im Falle atomarer Bedrohung. Er ist, so heißt es beruhigend, unter dem „atomaren Schirm“ der USA – oder früher auch der UdSSR – untergekommen. Dafür verzichtet er auf die eigene Entwicklung und Weiterverbreitung von Atomwaffen. Wenn er es nicht tut, dann wird er bestraft. Die Folge: Die Atomwaffen bleiben in den Händen weniger achtbarer Regierungen, und die Welt wird sicherer.
Oder? Die Regierungen in Neu-Delhi und Islamabad zum Beispiel haben gleich dankend abgewinkt: Sie traten nicht in den Vertrag ein. Das Angebot war für sie nicht interessant genug. Sie glauben nicht daran, daß die USA oder Rußland tatsächlich für sie in den Krieg ziehen würden, falls sie von ihrem Nachbarn bedroht werden. Und Nordkorea, das sich Mitte der achtziger Jahre von Moskau überreden ließ, den Atomsperrvertrag zu unterzeichnen, merkte, daß sich nun gar keiner mehr dafür begeistern wollte, seinen Sozialismus zu subventionieren. Falls Pjöngjang andererseits aber tatsächlich Atomwaffen hat, wird man sich mit der Bestrafung schwertun: Niemand kann ernsthaft in Erwägung ziehen, das Land militärisch anzugreifen. Und Sanktionen sind ohne Kooperation Chinas und Japans nicht durchsetzbar. Trotz dieser Erfahrungen halten die Atommächte daran fest, daß der Atomwaffensperrvertrag im kommenden Jahr auf jeden Fall verlängert werden müsse. Das ist verrückt. Wenn die Welt sicherer werden soll, muß die Atombombe genau wie die biologischen und chemischen Waffen geächtet werden. Jutta Lietsch
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